Gefährdungsbeurteilung zum Thema „Facility Management in der Produktion“
Facility Management (FM) im produktionsnahen Umfeld ist weit mehr als nur das Verwalten von Gebäuden und Außenanlagen. Es umfasst den Betrieb, die Instandhaltung und die Optimierung von technischen und infrastrukturellen Anlagen, die für den Produktionsprozess essenziell sind. Darunter fallen u. a. Energieversorgung, Klima- und Lüftungsanlagen, Transport- und Fördertechnik, Wartung von Maschinen (sofern Schnittstellen existieren) oder Entsorgungssysteme. Eine Gefährdungsbeurteilung für das Facility Management in der Produktion ist zwingend, da die Tätigkeiten in diesem Bereich vielfältige Gefahren bergen und die gesetzlichen Vorschriften (ArbSchG, BetrSichV, DGUV) dies eindeutig fordern. Typische Risiken sind elektrische, mechanische, thermische Gefährdungen, Gefahrstoffe, Absturz, Brand- und Explosionsgefahren, psychische Belastungen durch Zeitdruck und enge Verzahnung mit dem Produktionsprozess.
Das Facility Management in der Produktion stellt einen Schlüsselbereich dar, weil es die technische Infrastruktur betreibt und wartet, die den Betriebsablauf maßgeblich unterstützt. Ob Gebäudeleittechnik, Energieversorgung, Instandhaltung von Lüftungs- und Klimaeinrichtungen oder Abfallentsorgung – jede dieser FM-Aufgaben kann Gefährdungen für Beschäftigte (und Fremdfirmen) bergen. Nach § 5 ArbSchG und der Betriebssicherheitsverordnung ist eine Gefährdungsbeurteilung daher unverzichtbar. Durch eine sorgfältige Analyse und Steuerung der Risiken (technisch, organisatorisch, personell) schafft das Unternehmen sichere Arbeitsbedingungen und reduziert ungewollte Stillstände wie auch Rechts- und Haftungsrisiken.
Sicheres Facility Management in der Produktion sicherstellen
§ 5 ArbSchG verpflichtet Arbeitgeber zu einer systematischen Gefährdungsbeurteilung, die alle Tätigkeiten und Arbeitsbereiche einschließt.
Facility-Management-Aufgaben in der Produktion (z. B. Wartung, Instandhaltung, Störungsbeseitigung) fallen ausdrücklich darunter.
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
Regelt den sicheren Betrieb von Arbeitsmitteln und überwachungsbedürftigen Anlagen.
Sobald das Facility Management Verantwortung für Betreuung, Wartung oder Änderung solcher Anlagen (z. B. Druckluftsysteme, Dampfkessel, Hebezeuge, Aufzüge) übernimmt, muss hierfür eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden.
DGUV Vorschriften und Regeln
DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“: Allgemeine Verpflichtung, Gefahren zu ermitteln und zu beseitigen.
Branchenspezifische DGUV-Regeln, etwa bei Einsatz von Flurförderzeugen, Hebebühnen oder elektrischen Anlagen im Produktionsumfeld, können zusätzliche Anforderungen enthalten.
Weitere relevante Gesetze und Verordnungen
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) bei Umgang mit Reinigungs-, Schmier- oder Kühlmitteln in der Produktionsinfrastruktur.
Wasserhaushaltsgesetz (WHG) oder landesspezifische Wassergesetze, wenn z. B. Kühlwasser- oder Abwassersysteme betreut werden.
Baurecht (Landesbauordnungen), falls bauliche Veränderungen im Facility-Bereich vorgenommen werden (Umbauten, Erweiterungen).
Fazit
Alle Bereiche, in denen das Facility Management direkt oder indirekt in den Produktionsprozess eingebunden ist oder für betriebliche Infrastruktur Verantwortung trägt, sind Gegenstand einer Gefährdungsbeurteilung.
Hohe Komplexität und Wechselwirkungen
Produktionsanlagen, Energieversorgung, Gebäudetechnik und Logistikprozesse sind im Industrieumfeld oft eng verzahnt. Änderungen im Facility-Bereich (z. B. neue Lüftungsanlagen, Wartung an Druckleitungen) können den Produktionsablauf und damit die Sicherheit beeinflussen.
Vielfältige Tätigkeiten
Das FM-Team übernimmt unterschiedlichste Aufgaben: Instandsetzung (z. B. Schweißarbeiten, Elektroreparaturen), Inspektion (Begehungen, Messungen), Gebäudereinigung, Entsorgung (z. B. Ölfilter, Chemikalienrückstände), technische Umbauten u. v. m. Jede dieser Aufgaben kann eigene Gefährdungen bergen (elektrisch, mechanisch, chemisch).
Externe Dienstleister und Koordination
Häufig setzt das Facility Management Fremdfirmen ein (z. B. Wartungs- oder Reinigungsunternehmen). Dabei müssen Schnittstellen, Zuständigkeiten und Sicherheitsvorschriften klar geregelt werden, um Unfälle zu vermeiden.
Die Verpflichtung zur GBU und Unterweisung erstreckt sich auch auf den Einsatz von Fremdfirmen (§ 8 ArbSchG: Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber).
Spezielle Produktionsumgebung
In Produktionshallen können Gefahrstoffe (Lacke, Lösemittel, Öle), heiße oder druckführende Systeme sowie schnell laufende Maschinen vorhanden sein. Das Facility Management steht in direktem Kontakt mit solchen Systemen, sei es bei Wartung, Umbauten oder Störungsbeseitigung.
Organisatorische Mängel und Zeitdruck
Produktion hat oft Priorität, Ausfälle sind teuer. FM-Einsätze erfolgen nicht selten unter Zeitdruck (z. B. bei Störungen). Ohne klare Gefährdungsbeurteilung und Arbeitsfreigabeverfahren (Permit-to-work) steigt das Unfallrisiko.
Elektrische Gefährdungen
Reparatur oder Inspektion an elektrischen Anlagen (Verteilerschränke, Motoren, Beleuchtung, Sensorik).
Wartung von Fördersystemen, Pumpen, Lüftungs- oder Klimageräten (rotierende Bauteile, heiße Oberflächen, bewegliche Teile).
Gefahr durch Druck (z. B. Druckluftleitungen, Dampfrohre).
Absturz, Stolpern, Rutsche
Arbeiten auf Dächern, an steilen Treppen, in Schächten oder beengten Räumen (Konfined Space).
Kabel, Schläuche, nasse oder ölige Böden in Produktionshallen können zu Stolper- oder Rutschunfällen führen.
Umgang mit Gefahr- und Reinigungsstoffen
Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Schmier- und Kühlstoffe, Kleber, Farben.
Lagerung, Dosierung, Entsorgung – ggf. Explosionsschutz, Atemschutz oder Hautschutz erforderlich.
Brand- und Explosionsgefahren
Heißarbeiten (Schweißen, Trennen), Umgang mit brennbaren Stoffen oder Staub in Produktionsbereichen.
Z. B. Staubexplosionen bei Wartung von Absauganlagen.
Psychische Belastungen
Hohe Verantwortung, Zeitdruck (Produktionsausfall droht bei Störungen), Kommunikationsanforderungen mit Produktionsteams und Fremdfirmen.
DIN EN 13306 (Wartung – Begriffe der Instandhaltung)
Enthält Grundlagen der Instandhaltungsprozesse, die auch für Facility Management relevant sind.
DIN EN ISO 41000-Reihe (Facility Management)
Legt allgemeine Anforderungen an das FM-Management fest. Allerdings enthält diese Norm keine spezifischen Arbeitsschutzvorgaben, sondern strukturelle Leitlinien.
DGUV Vorschrift 3 (Elektrische Anlagen und Betriebsmittel)
Essentiell für Prüfung, Wartung und Betrieb von elektrischen Geräten, Maschinen und Anlagen durch Facility Management.
TRBS (Technische Regeln für Betriebssicherheit)
Konkretisieren Anforderungen aus der BetrSichV an verschiedene Arbeitsmittel und überwachungsbedürftige Anlagen (z. B. TRBS 2141 für Druckanlagen, TRBS 1201 für Prüfungen etc.).
DGUV-Regeln und -Informationen
Zahlreiche branchen- oder tätigkeitsbezogene Regeln (z. B. Umgang mit Gabelstaplern, Arbeiten in engen Räumen, Explosionsschutz, Schweißen, usw.).
Wichtig: DGUV Regel 100-500 (Betreiben von Arbeitsmitteln) mit Unterabschnitten zu speziellen Maschinen und Geräten.
Erfassen der FM-Tätigkeiten und Anlagenspektren
Welche Bereiche betreut das FM? (Heizung/Klima, Druckluft, Kälteanlagen, Löschanlagen, Gebäudeleittechnik etc.)
Welche Tätigkeiten (Wartung, Störungsbehebung, Umbaumaßnahmen) werden regelmäßig bzw. außerplanmäßig ausgeführt?
Identifikation und Bewertung von Gefährdungen
Für jede relevante Anlage/Tätigkeit: Ermitteln von Risiken (mechanisch, elektrisch, chemisch, organisatorisch).
Wurden Unterlagen (Betriebsanleitungen, Sicherheitsdatenblätter, Herstellerangaben) ausgewertet?
Maßnahmenableitung
Technische Maßnahmen: Schutzvorrichtungen an Maschinen, Kennzeichnung, Absperrungen, Brandschutzeinrichtungen, Absturzsicherungen.
Organisatorische Maßnahmen: Arbeitsfreigabe-/Erlaubnisscheinsystem (Permit-to-work), Prüfungstermine (DGUV V3, Druckbehälterprüfungen), Einweisung von Fremdfirmen, geregelte Abläufe bei Störungen.
Personelle Maßnahmen: Schulungen, Unterweisungen (z. B. Umgang mit Chemikalien, Arbeiten in Höhen, Erste-Hilfe-Kenntnisse), PSA (Schutzbrille, Schutzhandschuhe, Gehörschutz).
Dokumentation
Nach § 6 ArbSchG ist die GBU schriftlich oder elektronisch festzuhalten. Enthalten sein müssen: Tätigkeitsbeschreibung, Gefährdungen, Maßnahmen, Verantwortlichkeiten und Prüfnachweise.
Überprüfung und Aktualisierung
Regelmäßige Begehungen und Aktualisierungen bei technischen Veränderungen (Umbauten, neue Anlagen, geänderte Lieferanten).
Einbeziehung der Beschäftigten: Feedback zu Mängeln oder Verbesserungsvorschlägen.
Zusammenspiel mit Produktionsleitung
Da Facility Management und Produktion eng verzahnt sind, sollte die GBU gemeinsam mit Produktionsverantwortlichen, Arbeitssicherheitsfachkräften und ggf. dem Betriebsrat erstellt werden.
Transparentes Informationsmanagement verhindert Missverständnisse – besonders bei Eingriffen während laufender Produktion.
Fremdfirmenmanagement
Externe Dienstleister sind oft im Facility-Bereich tätig (z. B. Gebäudereinigung, Spezialhandwerker). Ein Koordinationsplan (nach § 8 ArbSchG) legt fest, wer welche Pflichten hat, wie Unterweisungen erfolgen und welche Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten sind.
Permit-to-work-System
Gerade bei gefährlichen Arbeiten (Heißarbeiten, Arbeiten an elektrischen / unter Druck stehenden Anlagen) ist ein Erlaubnisscheinverfahren (Permit-to-work) empfehlenswert, um Abstimmung mit Produktion, Feuerwehr/Brandschutz, Sicherheitspersonal zu gewährleisten.
Digitales FM-System
Viele Betriebe nutzen heute CAFM-Software (Computer Aided Facility Management). Diese kann Wartungspläne, Prüftermine und Dokumentationen verwalten. Die Integration von GBU-Daten vereinfacht das Risiko- und Maßnahmenmanagement.
Zeitdruck-Management
Bei Störungen in der Produktion herrscht oft großer Druck, schnell zu reparieren. Dies führt leicht zu Sicherheitskompromissen. Eine gut etablierte GBU mit klaren Notfall- und Freigabeprozessen hilft, Hauruck-Aktionen zu vermeiden.