Zum Inhalt springen
FM-Connect Chat

Hallo! Ich bin Ihr FM-Connect Chat-Assistent. Wie kann ich Ihnen helfen?

FM-Solutionmaker: Gemeinsam Facility Management neu denken

Dimensionskriterien für die Auslegung einer Fertigung

Facility Management: Fertigung » Strategie » Auslegung

Dimensionskriterien für die Auslegung einer Fertigung

Dimensionskriterien für die Auslegung einer Fertigung

Fabrikplanung umfasst die Gestaltung der Fabrik als System mit all seinen Teilsystemen und Prozessen. Eine Fertigung muss so dimensioniert und gestaltet werden, dass sie technisch effizient, organisatorisch effektiv, ergonomisch zumutbar und wirtschaftlich tragfähig ist. In diesem Kontext gewinnt die sachgerechte Dimensionierung der Fertigung – also die Bestimmung geeigneter Kapazitäten, Flächen, Ressourcen und Prozesse – entscheidende Bedeutung.

Während Industrie 4.0 primär auf Digitalisierung fokussiert, gewinnen Aspekte der Nachhaltigkeit (Green Factory) und der stärkeren Humanzentrierung (Industrie 5.0 Konzept) an Bedeutung. Zukünftige Fertigungen müssen klimafreundlicher gestaltet werden – etwa durch Kreislaufwirtschaft im Produktionsprozess, CO₂-Neutralität (z.B. Einsatz regenerativer Energien, wie Abwärmenutzung, PV-Anlagen auf Fabrikdächern) und Auswahl nachhaltiger Materialien. Zudem rückt das Wohl des Mitarbeiters noch mehr in den Mittelpunkt: nicht nur Ergonomie, sondern auch partizipative Arbeitsgestaltung, Sinnstiftung in der Arbeit. Das kann sich in der Planung z.B. in großzügigeren Sozialbereichen, Mitbestimmung bei Arbeitsplatzgestaltung oder Integration von Erholungszonen niederschlagen. Möglichst wandlungsfähige Micro-Factories, modulare Produktionsinseln, die schnell umkonfiguriert oder an anderen Orten eingesetzt werden können, sind denkbare Zukunftsszenarien. 3D-Druck und andere additive Verfahren erlauben vielleicht, dass Kleinserien gar nicht mehr in großen zentralen Werken entstehen, sondern in verteilten Fabrikzellen nahe beim Kunden. Das stellt Fertigungsplaner vor neue Aufgaben: wie designt man eine modulare Fabrik, die eher einem Lego-Baukasten gleicht? VDI 5200 und Co. haben dafür bereits Ansätze (wandlungsfähige Fabrik). Leider wird sich absehen lassen, dass Fachkräfte in vielen Produktionsberufen fehlen. Das erfordert noch stärkere Automatisierung und zugleich Attraktivitätssteigerung für verbleibende Arbeitsplätze. Die Fabrik der Zukunft muss für Mitarbeiter so gestaltet sein, dass sie gerne dort arbeiten – modern, sauber, sicher, mit Möglichkeiten zur Weiterbildung und Aufstieg. Insofern werden “weiche” Kriterien bei der Fertigungsauslegung wichtiger, die früher selten im Lastenheft standen: etwa Corporate Architecture (eine ansprechende Gestaltung der Arbeitsumgebung, Fabrik als Visitenkarte).

"Fabriken als Systeme" sind Orte der Innovation, Wertschöpfung und nachhaltigen Beschäftigung. Die Herausforderung und zugleich Verantwortung von Planern liegt darin, diese Systeme zum Wohle von Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt auszulegen – dimensioniert in jeder Hinsicht richtig.

Fertigungstypen und Produktionsarten

In der industriellen Praxis haben sich verschiedene Fertigungstypen etabliert, die jeweils spezifische Anforderungen an Planung und Dimensionierung stellen. Man unterscheidet insbesondere Einzelfertigung, Serienfertigung (inklusive Klein- und Großserien bis hin zur Massenfertigung) sowie Prozessfertigung (Chargen- bzw. kontinuierliche Produktion). Tabelle 1 gibt einen Überblick über die gängigen Fertigungsarten und ihre Merkmale.

Tabelle: Charakteristika verschiedener Fertigungstypen

Fertigungstyp

Produktionsvolumen und Varianz

Vorteile

Nachteile

Beispiele

Einzelfertigung

Einzelstücke, hohe Produktvarianz

Hochgradige Individualisierung, flexible Anpassung an Kundenwünsche

Hohe Stückkosten, lange Fertigungszeiten, geringe Automatisierung

Sondermaschinenbau (kundenspezifische Anlagen), Prototypenfertigung, Schiffbau

Serienfertigung

Begrenzte Stückzahl je Serie, mittlere Varianz (Varianten)

Kostenersparnis durch Wiederholungseffekte, effizientere Nutzung von Ressourcen

Umrüstzeiten zwischen Serien, begrenzte Flexibilität gegenüber Änderungen

Maschinenbau mit Varianten, Möbelproduktion in Kleinserien, Consumer Electronics in Modellreihen

Massenfertigung

Sehr große Stückzahlen, geringe Varianz (Standardprodukte)

Niedrige Stückkosten durch hohe Automatisierung und Skaleneffekte

Hohe Investitionskosten, starre Anlagen, kaum Produktvariabilität

Automobilproduktion (Großserie), Lebensmittel-Grundprodukte (z. B. standardisierte Süßwaren)

Prozessfertigung (Charge)

Chargenweise Produktion, diskontinuierlich in Losen

Anpassbar für unterschiedliche Produkte (flexible Umrüstung zwischen Chargen), kleinere Losgrößen möglich

Stillstände und Rüstkosten zwischen Chargen, Lagerhaltung für Zwischenprodukte nötig

Chemie (Lacke in Chargen), Pharmazie (Herstellung eines Batches eines Wirkstoffs), Bäckerei (Teigchargen)

Prozessfertigung (kontinuierlich)

Kontinuierlicher Produktionsfluss 24/7, invariante Produktrezepte

Sehr hohe Durchsatzleistung, konstante Produktqualität, maximale Automation

Extrem unflexibel (Anlagen hochspezialisiert), schwer an veränderte Produkte anpassbar, erfordert kontinuierliche Auslastung

Großchemie (Raffinerien, Petrochemie), Stahlwerk (Hochofenbetrieb), Kraftwerke (Energieerzeugung)

Einzelfertigung ist charakteristisch für Unikate und Sonderanfertigungen. Jeder Auftrag wird einzeln geplant und gefertigt, oft mit hohem manuellem Anteil. Diese Fertigungsart ist ideal, um individuelle Kundenanforderungen umzusetzen, jedoch mit hohen Kosten und Durchlaufzeiten verbunden. Serienfertigung stellt eine Mischform dar: es werden mehrere gleichartige Produkte in begrenzter Stückzahl hintereinander hergestellt. Die Variantenvielfalt ist geringer als bei der Einzelfertigung, wodurch Wiederhol- und Lerneffekte zu Kostensenkungen führen. Im Vergleich zur Einzelfertigung können durch die Serienfertigung also Kosteneinsparpotenziale realisiert werden, ohne jedoch die extreme Standardisierung der Massenfertigung zu erreichen. Massenfertigung schließlich zielt auf maximalen Ausstoß identischer Produkte. Hohe Stückzahlen erlauben den effektiven Einsatz spezialisierter Maschinen und vollautomatisierter Prozesse, was zu minimalen Stückkosten führt. Allerdings ist die Flexibilität extrem eingeschränkt – ein Wechsel des Produkts erfordert meist erhebliche Umstellungen.

Eine Sonderrolle nimmt die Prozessfertigung ein, wie sie in der Verfahrenstechnik (Chemie, Lebensmittel, Pharma etc.) anzutreffen ist. Hier werden Stoffe vermengt, chemisch oder physikalisch umgeformt, meist anhand fester Rezepturen und Prozessparameter. Man unterscheidet die Chargenfertigung (diskontinuierlich in einzelnen Produktionslosen) und die kontinuierliche Fertigung. In der Chargenfertigung wird jeweils eine definierte Menge (Charge) produziert, dann ggf. die Anlage gereinigt oder umgerüstet, und anschließend die nächste Charge gestartet. Dies ermöglicht eine gewisse Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Produkte auf derselben Anlage und Zwischenstopps zur Qualitätskontrolle, bringt aber auch Stillstandszeiten und erhöhte Rüstkosten mit sich. Demgegenüber läuft die kontinuierliche Fertigung ununterbrochen ab – oft über Monate oder Jahre ohne geplanten Halt. Sie ist auf Massenmengen ausgerichtet und hochautomatisiert (z. B. kontinuierliche Kunststoffproduktion, Stahlherstellung). Kontinuierliche Prozesse sind sehr effizient, jedoch kaum wandelbar; die Anlagen sind meist speziell für ein Produkt ausgelegt und erfordern Volumenströme, die rund um die Uhr abgesetzt werden müssen, um wirtschaftlich zu sein.

Für die Dimensionierung einer Fertigung bedeutet dies: Je nach Fertigungstyp variieren die Anforderungen erheblich. Eine Einzelfertigung (z. B. im Sondermaschinenbau) benötigt flexible Werkstattbereiche, universal einsetzbare Maschinen und hochqualifizierte Fachkräfte, um wechselnde Projekte abzuwickeln. Eine Massenfertigung (z. B. in der Automobilindustrie) hingegen erfordert linienförmige Produktionslayouts mit Taktabstimmung, hohe Automatisierungsgrade und klare Prozessstandards zur Auslastung der teuren Anlagen. Serienfertiger müssen einen Mittelweg finden und beispielsweise Rüstzeiten minimieren, etwa durch modulare Vorrichtungen oder parallelisierte Produktion unterschiedlicher Varianten. In der Prozessfertigung bestimmen Rezepturen, Anlagengrößen (Reaktorkapazitäten, Tankvolumen) und gegebenenfalls Batch-Größen die Dimensionierung; zudem sind hier oft strenge Qualitäts- und Sicherheitsauflagen (etwa Reinraumklassen in Pharma oder Explosionsschutz in Chemiebetrieben) maßgeblich.

Besonderheiten des Spezialmaschinenbaus

Der Sonder- und Spezialmaschinenbau in Deutschland ist typischerweise durch Einzelfertigung oder Kleinserienfertigung gekennzeichnet. Unternehmen dieser Branche entwickeln und produzieren Maschinen und Anlagen nach kundenspezifischen Anforderungen (z. B. spezielle Produktionsanlagen, Prüfsysteme, Montagevorrichtungen). Die Planer einer solchen Fertigung stehen vor der Herausforderung, hohe Flexibilität mit hoher Qualität und Termintreue zu vereinen. Starre Konzepte führen hier nicht zum Ziel – vielmehr sind kreative, individuelle Lösungen gefragt.

Typisch für den Sondermaschinenbau sind relativ geringe Stückzahlen (oft Unikate oder sehr kleine Serien), jedoch hoher Komplexitätsgrad der Produkte und eine tiefe Wertschöpfung (viele unterschiedliche Fertigungsschritte von mechanischer Bearbeitung über Montage bis Software-Inbetriebnahme können erforderlich sein). Die Produktentwicklung und Fertigung gehen häufig Hand in Hand; Änderungen am Design können bis spät in die Fertigung einfließen.

Daraus ergeben sich besondere Dimensionierungskriterien:

  • Flächen und Layout: Oft wird in Werkstattfertigung oder Inselfertigung gearbeitet, d. h. es gibt Funktionsbereiche (Zerspanung, Blechbearbeitung, Montage, Elektrik, Test etc.), die flexibel genutzt werden. Die Fertigungsstätte muss Platz für wechselnde Maschinenaufbauten und Prototypen bieten. Ein Bereich für Vor- und Endmontage großer Anlagen (mit Kranbahnen, Prüffeldern) ist essenziell.

  • Personal: Hochqualifizierte Facharbeiter und Ingenieure sind der Schlüssel. Teams arbeiten projektorientiert; die Organisation ist oft in Projekt- bzw. Auftragsgruppen gegliedert, unterstützt von zentralen Diensten (Konstruktion, Einkauf, Qualität). Die Dimensionierung der Personalstärke richtet sich nach der Auftragslage; häufig kommen temporäre Kapazitäten (Leiharbeit, externes Engineering) zum Einsatz, um Auftragsspitzen abzudecken.

  • Durchlauf und Termine: Kunden erwarten kundenspezifische Lösungen in möglichst kurzer Zeit. Somit besteht hoher Zeitdruck. Strafe für Terminverzug (Konventionalstrafen) sind in Verträgen keine Seltenheit. Entsprechend müssen Fertigungsressourcen so dimensioniert sein, dass parallele Projekte ohne Verzögerung abgewickelt werden können – zum Beispiel durch Kapazitätspuffer oder Mehrschichtbetrieb bei Bedarf.

  • Qualität und Flexibilität: Qualität wird ganzheitlich betrachtet – nicht nur das Endprodukt muss hochwertig sein, sondern auch alle zugehörigen Prozesse. Der Sondermaschinenbau setzt daher auf robuste, langlebige Komponenten und modulare Baukastensysteme (z. B. Aluminiumprofil-Systembaukästen), um flexibel und dennoch zuverlässig zu sein. Viele Unternehmen sind ISO 9001-zertifiziert, was eine strukturierte, dokumentierte Prozesslandschaft bedingt.

  • Industrie 4.0 Adaption: Auch im Spezialmaschinenbau halten digitale Methoden Einzug. Beispielsweise werden Digitale Zwillinge von Anlagen genutzt, um die Konstruktion und Inbetriebnahme virtuell zu testen. Künstliche Intelligenz kann in der Entwicklung oder beim Testen unterstützen. Allerdings steht der Mittelstand hier vor Investitions- und Know-how-Herausforderungen. Dennoch bieten Industrie-4.0-Technologien dem Sondermaschinenbau Chancen, Entwicklungszeiten zu verkürzen und kundenspezifische Varianten effizienter zu handhaben.

In Summe stellt der Sondermaschinenbau hohe Anforderungen an eine Fertigungsauslegung: maximale Wandlungsfähigkeit (Wandel und Anpassung) bei gleichzeitig hoher Präzision und Zuverlässigkeit. Diese Branche profitiert in besonderer Weise von einem durchdachten Zusammenspiel aller Dimensionierungskriterien, was in späteren Kapiteln detaillierter ausgeführt wird.

Industrie 4.0 – Cyber-Physische Systeme und digitale Fertigungsprozesse

Der Begriff Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution und beschreibt die umfassende Digitalisierung und Vernetzung industrieller Produktion. In der Produktionswirtschaft versteht man darunter insbesondere Fertigungssysteme auf Basis cyber-physischer Systeme (CPS) mit einer echtzeitfähigen Vernetzung aller technischen Komponenten. Kerntechnologien sind das Internet der Dinge (IoT) – also die horizontale und vertikale Verbindung von Maschinen, Produkten und IT-Systemen – und die Verarbeitung großer Datenmengen (Big Data) in Echtzeit zur Optimierung der Produktion.

Charakteristisch für Industrie 4.0 ist, dass Produktion über die klassische Automatisierung hinaus gedacht wird: Maschinen, Transportmittel, Werkstücke und Menschen sind in Echtzeit vernetzt und interagieren auf intelligente Weise. Cyber-physische Systeme integrieren dabei sensorbestückte, vernetzte physische Maschinen mit digitalen Modellen und Algorithmen. So entsteht ein kontinuierlicher Informationskreislauf zwischen der realen und der virtuellen Welt. Ein virtuelles Echtzeit-Abbild der Fabrik – oft als Digitaler Schatten oder Digitaler Zwilling bezeichnet – ermöglicht die Echtzeit-Optimierung des Produktionsablaufs. Datenanalysen und maschinelles Lernen dienen dazu, Zustände vorherzusagen (z. B. zur vorbeugenden Wartung oder zur dynamischen Produktionsplanung).

Die Ziele von Industrie 4.0 lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Erhöhung der Flexibilität und Wandlungsfähigkeit der Fertigung, um eine hochvariable, kundenindividuelle Produktion bis hin zur Losgröße 1 zu ermöglichen – und zwar wirtschaftlich im Sinne einer Massenproduktion (Stichwort Mass Customization, kundenindividuelle Produkte zum Preis von Massenware). Weiterhin sollen Effizienz und Transparenz gesteigert werden, indem Echtzeitinformationen über Auslastung, Störungen, Bestände usw. verfügbar sind und autonome Regelkreise eine Selbststeuerung von Anlagen erlauben. Dies ist vor dem Hintergrund zunehmender Komplexität und Variantenvielfalt nötig, die mit traditionellen, rein von Menschen gesteuerten Systemen kaum noch beherrschbar ist. Industrie 4.0 verspricht, durch Vernetzung und KI diese Komplexität beherrschbar zu machen.

Cyber-Physische Systeme (CPS) bilden eine technische Basis der Industrie 4.0. Hierbei handelt es sich um intelligente, vernetzte Geräte oder Maschinen, die mittels Sensorik ihre Umwelt erfassen, durch Aktorik darauf einwirken und über Softwarelogik (oft mit Anbindung an Cloud-Dienste) autonom oder halbautonom agieren. Beispiele sind kollaborative Roboter mit integrierter Bildverarbeitung, selbststeuernde Transportsysteme (FTS/AGVs) oder smarte Montagestationen, die sich mittels Identifikationstechnologien (RFID, QR-Codes) auf unterschiedliche Produkte einstellen können. CPS ermöglichen eine hochflexible Produktion bis hin zu vernetzten „Produktionsnetzwerken“, in denen Maschinen und sogar ganze Fabriken miteinander kommunizieren und kooperieren.

Bereits heute zeigen Praxisbeispiele die Potenziale von Industrie 4.0: In sogenannten Smart Factories tauschen Maschinen ständig Daten aus, sodass z. B. Wartungsbedarfe früh erkannt (predictive maintenance) und automatische Nachschubbestellungen ausgelöst werden. Fahrerlose Transportsysteme versorgen Montagelinien just-in-time mit Material. Mitarbeiter nutzen Wearables oder Tablets, um in Echtzeit Informationen zu erhalten oder via Augmented Reality bei komplexen Montageschritten unterstützt zu werden. Künstliche Intelligenz (KI) analysiert Produktionsdaten, um Prozesse zu optimieren oder die Qualität zu überwachen. All das führt zu einer situativen, sich selbst optimierenden Produktionssteuerung, höherer Anlagenverfügbarkeit und kürzeren Reaktionszeiten auf Störungen.

Allerdings bringt Industrie 4.0 auch Herausforderungen mit sich. Die Komplexität der Systeme kann durch die Vernetzung weiter steigen – es entstehen neue Abhängigkeiten (etwa von IT-Systemen, Datenqualität und -sicherheit). Unternehmen müssen in IT-Infrastruktur investieren und neues Know-how (z. B. Datenanalysten, IT-Sicherheitsexperten) aufbauen. Zudem sind Standards und Interoperabilität wichtig, damit Geräte unterschiedlicher Hersteller nahtlos zusammenarbeiten (Stichwort: Standardisierte Schnittstellen, z. B. OPC UA für Maschinendaten, und Referenzarchitekturen wie RAMI 4.0). Auf diese Aspekte wird in den folgenden Kapiteln, insbesondere im Abschnitt über IT-Infrastruktur und im Industrie-4.0-Kapitel, noch eingegangen.

Zusammenfassend ist Industrie 4.0 heute ein wesentlicher Treiber bei der Gestaltung moderner Fertigungssysteme. Die Planung einer Fabrik muss diese Entwicklung antizipieren, um zukunftsfähig zu sein. Das bedeutet u. a., von Anfang an Vernetzungsfähigkeit, Dateninfrastruktur und Wandlungsfähigkeit in die Dimensionierung einzubeziehen – eine Fertigung sollte also nicht nur für die aktuellen Anforderungen dimensioniert werden, sondern auch genügend Reserven und Flexibilität haben, um mit zukünftigen Produkt- und Technologiewandeln Schritt zu halten.

Gesetzliche und normative Rahmenbedingungen

Bei der Auslegung industrieller Fertigungen in Deutschland sind vielfältige Rechtsvorschriften und Normen zu berücksichtigen. Diese dienen dem Schutz von Menschen und Umwelt sowie der Sicherstellung von Qualitätsstandards.

Im Folgenden werden die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen (insbesondere aus Bau- und Arbeitsrecht) sowie relevante technische Normen und Richtlinien umrissen:

  • Arbeitsschutzrecht: In Deutschland bildet das Grundgesetz die oberste Basis, indem es das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit garantiert (Art. 2 Abs. 2 GG) und die Würde des Menschen (Art. 1 GG) als unantastbar erklärt. Daraus abgeleitet regelt das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) die grundsätzlichen Pflichten des Arbeitgebers zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten. Es setzt die EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG in nationales Recht um und verpflichtet Arbeitgeber u. a. zu Gefährdungsbeurteilungen und der Einführung geeigneter Schutzmaßnahmen. Neben dem ArbSchG existieren weitere Gesetze, etwa das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) – welches die Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit betreffend – oder das Gerätesicherheitsgesetz/Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), welches die Bereitstellung sicherer Arbeitsmittel und Maschinen regelt (inkl. Umsetzung der europäischen Maschinenrichtlinie 2006/42/EG).

  • Auf Gesetzesebene besonders relevant für Fertigungsstätten ist auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Dieses greift, wenn Anlagen betrieben werden, die Emissionen verursachen oder eine Gefahr für Umwelt und Nachbarschaft darstellen (z. B. Lärm, Luftverunreinigungen, Erschütterungen). Größere Industrieanlagen (insbesondere aus Chemie, Energie, Metallverarbeitung u. Ä.) benötigen oftmals eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach BImSchG, in der Auflagen zum Umweltschutz, zur Sicherheit und zu Abständen zu Wohngebieten etc. festgelegt werden. Dies beeinflusst die Standortwahl und Auslegung (z. B. müssen bestimmte Emissionsgrenzwerte durch Filteranlagen erreicht oder Sicherheitsabstände eingehalten werden).

  • Arbeitsstättenrecht: Auf der Grundlage des ArbSchG hat die Bundesregierung Verordnungen erlassen, insbesondere die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Diese enthält konkrete Mindestanforderungen an die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten, zu denen Fabrikhallen, Werkstätten und Büros gehören. Im Anhang der ArbStättV werden zahlreiche Aspekte geregelt: Raumabmessungen (Mindestflächen pro Arbeitsplatz, Lichthöhe), Beleuchtung, Raumklima und Lüftung, Lärm, Sanitärräume, Erste-Hilfe-Einrichtungen, Fluchtwege und Notausgänge, Brandschutzmaßnahmen u. v. m. Beispielsweise fordert § 3a ArbStättV i.V.m. Anhang, dass Arbeitsstätten ausreichend beleuchtet sein müssen – möglichst durch Tageslicht sowie durch eine der Tätigkeit angepasste künstliche Beleuchtung. In Produktionsbereichen wird in der Regel ein Beleuchtungsniveau von mindestens 500 Lux empfohlen (DIN EN 12464-1 „Beleuchtung von Arbeitsstätten“ legt entsprechende Werte fest). Weiterhin schreibt die ArbStättV vor, dass ausreichend gesundheitlich zuträgliche Atemluft vorhanden sein muss (oft durch Lüftungsanlagen sicherzustellen), dass Lärmbelastungen so gering wie möglich gehalten werden und ergonomische Gestaltungsprinzipien beachtet werden (z. B. ausreichende Bewegungsflächen an jedem Arbeitsplatz gemäß Technischer Regel ASR A1.2). Die ArbStättV ist für Planer relevant, weil sie Mindestmaße und -ausstattungen vorgibt – z. B. wie breit Flure mindestens sein müssen, wie viele Notausgänge bei bestimmten Hallengrößen vorhanden sein müssen, wie Arbeitsplätze in Bezug auf Fenster angeordnet sein sollen (Sichtverbindung nach außen) etc.

  • Zur Konkretisierung der ArbStättV gibt es sogenannte Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR), die von einem Ausschuss für Arbeitsstätten erarbeitet werden. Diese Regeln – z. B. ASR A3.6 (Lüftung) oder ASR A3.4 (Beleuchtung) – gelten zwar nicht als Gesetz, aber wenn sie eingehalten werden, kann der Arbeitgeber davon ausgehen, die Anforderungen der Verordnung zu erfüllen. Bei der Planung einer Fertigungsstätte sollte daher die aktuelle ASR-Lage bekannt sein, um alle Vorgaben (etwa zur Beleuchtungsstärke, zu klimatischen Bedingungen oder zur Möblierung von Sozialräumen) einzuhalten.

  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): Ebenfalls wichtig ist die BetrSichV, die Anforderungen an die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln sowie an den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen stellt. Hier geht es z. B. um regelmäßige Prüfungen von Druckbehältern, Kränen, Aufzügen, aber auch um den sicheren Zustand von Maschinen und elektrischen Anlagen in der Fertigung. Die BetrSichV verpflichtet Arbeitgeber, Gefährdungsbeurteilungen für Arbeitsmittel durchzuführen und geeignete Schutzmaßnahmen (technisch, organisatorisch, personenbezogen) umzusetzen. Für die Dimensionierung bedeutet das: Es muss Platz und Einrichtung für Prüfungen, Wartungen etc. eingeplant werden, und Maschinen müssen nach dem Stand der Technik sicherheitstechnisch ausgestattet sein. In diesem Zusammenhang sind harmonisierte EN-Normen zur Maschinensicherheit relevant, die unter der Maschinenrichtlinie gelistet sind (z. B. DIN EN ISO 12100:2010 für Risikobeurteilung von Maschinen, DIN EN ISO 13857 für Sicherheitsabstände, EN 60204-1 für elektrische Ausrüstung von Maschinen usw.). Diese Normen definieren z. B. erforderliche Abstände zu Gefahrenstellen, Schutzzaunausführungen, Not-Halt-Kreise etc., die in der Anlagenplanung berücksichtigt werden müssen.

  • Baurecht: Die Errichtung oder Änderung von Fabrikgebäuden unterliegt dem öffentlichen Baurecht. Auf Bundesebene gibt es das Baugesetzbuch (BauGB) und die Baunutzungsverordnung (BauNVO), welche regeln, wo und wie gebaut werden darf (Flächennutzungs- und Bebauungspläne, Ausweisung von Industriezonen etc.). Konkreter sind die Landesbauordnungen (LBO) der Bundesländer – im Fall Hamburg die Hamburgische Bauordnung (HBauO). Darin sind allgemeine bauliche Anforderungen wie Standsicherheit, Brandschutz, Fluchtwege, Abstandsflächen, technische Gebäudeausrüstung etc. festgelegt. Für Industriebauten gibt es zudem spezielle Richtlinien, etwa die Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL), die als Empfehlung dient und oft von den Ländern übernommen wurde. Diese Richtlinie definiert besondere Brandschutzanforderungen für Industriebauten (z. B. Brandabschnitte maximaler Größe, Feuerwiderstandsklassen von Tragwerken, Rauchabzugsanlagen in Hallen). In Fabriken sind zum Beispiel aufgrund großer Hallenflächen automatische Brandmelde- und Löschanlagen (z. B. Sprinkler) vorgeschrieben, und die Zahl sowie Breite von Notausgängen richten sich nach der Anzahl der Personen und der Hallegröße. Solche baurechtlichen Vorgaben beeinflussen die Gestaltung und Flächendimensionierung einer Fertigung ganz wesentlich – ein Planer muss ausreichende Verkehrswege, Notausgangstüren, Brandschutzwände etc. von Anfang an einplanen.

  • Ergonomie- und Arbeitswissenschaftliche Normen: Neben Gesetzen existieren auch Normen und Richtlinien zur ergonomischen Gestaltung von Arbeitsplätzen. Beispielsweise definiert die DIN EN ISO 6385 grundlegende ergonomische Prinzipien bei der Gestaltung von Arbeitssystemen. Es werden Parameter wie Körperhaltungen, Bewegungsräume, Greifräume, Höhen von Arbeitsflächen etc. vorgegeben, die sich an anthropometrischen Maßen orientieren. Auch die DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung) gibt Informationsschriften heraus, z. B. DGUV Information 209-079 „Ergonomische Maschinengestaltung“, in der auf 300 Fragen und Empfehlungen zur ergonomischen Gestaltung von Maschinen eingegangen wird. Ziel ist es, die körperliche Belastung der Beschäftigten zu reduzieren (z. B. durch geeignete Arbeitshöhen, Vermeidung von Zwangshaltungen, Begrenzung von Lastgewichten zum Heben gemäß Lastenhandhabungsverordnung, Lärm- und Vibrationsminimierung etc.). Solche ergonomischen Anforderungen müssen in einer modernen Fertigungsplanung ebenfalls als Dimensionierungskriterium einfließen – sei es bei der Layoutgestaltung (genug Platz und lichte Höhen), der Auswahl höhenverstellbarer Montagetische oder der Einrichtung von Hebehilfen.

  • Qualitäts- und Prozessnormen: In vielen Fertigungsunternehmen sind Qualitätsmanagement-Normen relevant, allen voran ISO 9001. Eine Zertifizierung nach ISO 9001 erfordert dokumentierte Prozesse, Prüfpläne, Schulungen etc., was indirekt die Organisation beeinflusst. Branchenspezifisch können weitere Normen greifen, z. B. ISO 16949 (Qualitätsnorm Automobilzulieferer) oder ISO 13485 (Medizintechnik). Zudem gewinnt ISO 14001 (Umweltmanagement) und ISO 50001 (Energiemanagement) in industriellen Betrieben an Bedeutung – was etwa zur Folge hat, dass bei Planung und Betrieb auf Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit geachtet wird (z. B. Wärmerückgewinnung, Photovoltaik am Hallendach, Abfallkonzepte).

  • VDI-Richtlinien und technische Standards: Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) gibt praxisorientierte Richtlinien heraus, die oft als Stand der Technik gelten. Für die Fabrikplanung ist vor allem die VDI 5200 zu nennen. Diese Richtlinie beschreibt ein methodisches Vorgehen bei Fabrikplanungsprojekten. Sie definiert Planungsfälle (Neubau, Erweiterung, Umstrukturierung, Rückbau) und gliedert den Planungsprozess in sieben Phasen: Zielfestlegung, Grundlagenermittlung, Konzeptplanung, Detailplanung, Realisierungsvorbereitung, Realisierungsüberwachung und Hochlaufbetreuung. Diese strukturierte Vorgehensweise integriert auch Leistungen von Architekten nach HOAI und verdeutlicht, dass Fabrikplanung ein interdisziplinäres Großprojekt sein kann. Darüber hinaus existieren VDI-Richtlinien für Teilaspekte, z. B. VDI 2221ff für methodisches Entwickeln und Konstruieren (relevant für Produktentwicklung), VDI 3643 zur Hallenbeleuchtung, VDI 6022 für Klima und Lüftung (Arbeitsumgebungen) etc. Auch internationale Standards wie IEC 61508/61511 (funktionale Sicherheit in Prozessanlagen) oder IEC 62443 (IT-Sicherheit für industrielle Steuerungssysteme) können je nach Branche relevant werden.

Zusammenfassend: Die Auslegung einer Fertigung muss im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben (Arbeitsschutz, Baurecht, Umweltschutz) stehen und sollte an bewährten Normen und Standards orientiert werden. Bereits in der Planungsphase sind Fachleute aus Arbeitssicherheit, Brandschutz und ggf. Prüfingenieure einzubeziehen, um sicherzustellen, dass z. B. Fluchtweglängen eingehalten, Arbeitsplätze ergonomisch gestaltet und Maschinen sicher aufgestellt werden. Normen und Richtlinien bieten hierbei eine wertvolle Planungshilfe, indem sie konkrete Maße, Grenzwerte und Methoden liefern. So schreibt Schmigalla (1995) in einer oft zitierten Definition, Fabrikplanung umfasse die „Analyse, Zielfestlegung, Funktionsbestimmung, Dimensionierung, Strukturierung, Integration und Gestaltung von Fabriken als System wie auch ihrer Teilsysteme, Elemente, Substrukturen und Prozesse“. Die Dimensionierung ist also als integraler Schritt im Planungsprozess verankert, der eng mit den genannten Rahmenbedingungen verzahnt ist.

Technische Dimensionierungskriterien

Die technischen Dimensionierungskriterien beziehen sich auf alle physischen und technischen Parameter, die bei der Auslegung einer Fertigung festgelegt werden müssen.

Hierzu zählen insbesondere:

  • Kapazitäts- und Durchsatzplanung (Anlagengröße, Maschinenanzahl, Taktzeiten)

  • Anordnungsplanung und Layout (Flächenbedarf, Layout-Typ, Materialfluss)

  • Ausstattungsgrad und Technologieeinsatz (Automatisierungsgrad, Fertigungstechnologien, Spezialisierung vs. Universalität der Betriebsmittel)

  • Produkt- und Prozessqualität (notwendige Prüfstationen, Reinraumtechnik etc.)

  • Flexibilitätsanforderungen (Wandlungsfähigkeit der Anlage, Modularität)

  • Technische Infrastruktur (Medienversorgung, Energie, Klimatisierung, IT-Anbindung – letzteres wird im Abschnitt IT-Infrastruktur noch vertieft)

Kapazität und Auslastung

  • Zentral bei der technischen Auslegung ist die Frage: Welche Produktionskapazität soll die Fertigung leisten? Dies bestimmt maßgeblich die Anzahl und Größe der benötigten Maschinen, Anlagen oder Fertigungslinien. Die Kapazitätsplanung stützt sich auf Absatzprognosen und Stückzahlschätzungen. In einer Massenproduktion etwa wird man die Kapazität auf die erwartete Jahresstückzahl plus einen Puffer für Wachstum auslegen. In der Einzelfertigung hingegen richtet sich die Kapazität eher nach der Projektrate (z. B. Anzahl Projekte pro Jahr) und der Komplexität der Einzelaufträge – hier ist Überkapazität üblich, um flexibel auf Aufträge reagieren zu können.

  • Dimensionierung von Maschinen und Anlagen: Oft besteht die Aufgabe, pro Arbeitsschritt genügend Maschinen bereitzustellen, um den geplanten Durchsatz zu erreichen. In einer Linie wird die langsamste Station (Engpass) den Takt vorgeben – diese ist so zu dimensionieren (ggf. durch Parallelmaschinen), dass der Soll-Takt erfüllt wird. Beispiel: In einer Montagelinie für ein Serienprodukt soll alle 5 Minuten ein Produkt fertiggestellt werden. Jede Prozessstation muss diesen 5-Minuten-Takt einhalten können, entweder durch ausreichend schnelle Bearbeitung oder durch parallele Anlagen (z. B. zwei Schraubstationen, die abwechselnd arbeiten). Für kontinuierliche Prozessanlagen berechnet sich die Kapazität häufig aus der Anlagegröße (z. B. Reaktorvolumen, Förderstrom) und der Zykluszeit (Verweilzeit im Prozess). Hier muss die Dimensionierung auch Aspekte wie Anfahr- und Abfahrzeiten berücksichtigen, da kontinuierliche Prozesse schwer zu stoppen sind.

  • Ein weiterer Aspekt ist die Anlagenauslastung. Technisch sollte die Auslegung nicht auf eine dauerhafte 100%-Auslastung zielen, da immer Störungen, Wartungszeiten oder Schwankungen auftreten. Üblich ist, Puffer einzuplanen. In der Fließfertigung etwa rechnet man mit OEE (Overall Equipment Effectiveness) Faktoren, die Verfügbarkeits-, Leistungs- und Qualitätsverluste berücksichtigen. Bei der Dimensionierung von beispielsweise 10 Maschinen kann es sinnvoll sein, eine 11. als Reserve einzuplanen („n+1-Prinzip“), um Wartungen abfangen zu können.

  • In der Fertigungssteuerung unterscheidet man Make-to-Order vs. Make-to-Stock. Technisch dimensioniert man eine Lagerfertigung (make-to-stock, z. B. Konsumgüter) oft auf eine durchschnittliche und maximale Lageraufbau-Rate. Eine Auftragsfertigung (make-to-order, typisch im Anlagenbau) dimensioniert man eher auf die maximale Projektauslastung; Lagerkapazität wird dann mehr für projektbezogene Komponenten gebraucht. Diese Unterschiede beeinflussen z.B. die Pufferflächen im Layout (Lager für Rohmaterial, Halbfabrikate oder Fertigwaren).

  • Industrie 4.0-Aspekt (Kapazität): Durch Industrie 4.0 können Kapazitäten dynamischer gesteuert werden. Beispielsweise erlauben vernetzte Produktionssysteme eine verbesserte Auftragsreihenfolgeplanung in Echtzeit, da Maschinen ihre Verfügbarkeiten rückmelden. In flexiblen Fertigungssystemen (FFS) mit mehreren Maschinen können KI-Algorithmen Aufträge optimal verteilen. Bei der Dimensionierung kann man daher etwas konservativere Puffer ansetzen, weil man im Betrieb mittels Datensteuerung effizienter arbeitet und Engpässe früh erkennt. Langfristig könnten auch Adaptive Kapazitäten eingeplant werden – z. B. modular ergänzbare Maschinen oder temporäre Produktionszellen, die bei Bedarf aktiviert werden (Stichwort „Plug & Produce“ in wandlungsfähigen Fabriken).

Layout und Materialfluss

Die Anordnung der Maschinen und Arbeitsplätze (Layout) in einer Fertigung bestimmt nicht nur die Wege von Material und Personen, sondern beeinflusst auch Platzbedarf, Erweiterungsmöglichkeiten und Sicherheitsabstände. Es gibt klassische Layout-Typen: Werkstattprinzip (Maschinen gleicher Funktion zusammen, Materialfluss variabel pro Auftrag), Fließprinzip (Anordnung nach Prozessfolge, z. B. Montagelinie), Gruppenfertigung/Inselfertigung (Produktionseinheiten für Produktfamilien), Matrixfertigung (flexibles Routing in einem Netz von Stationen) etc.

Die Dimensionierung muss klären, welcher Typ für die gegebene Produktion am günstigsten ist:

  • In der Einzelfertigung/Sonderfertigung dominiert häufig das Werkstatt- oder Inselprinzip, da hier vielfältige Bearbeitungen nötig und die Abläufe je Auftrag unterschiedlich sind. Vorteil: hohe Flexibilität, Nachteil: längere Transportwege und Zwischenlager. Die Wegezeiten müssen durch effiziente Logistik überbrückt werden (z. B. Routenzug beliefert verschiedene Werkstätten).

  • In der Serien- und Massenfertigung ist meist das Fließprinzip vorteilhaft: Ein Linienlayout mit fester Reihenfolge minimiert Transportzeiten und macht den Durchlauf planbar. Hier ist wichtig, dass die Linienbalance stimmt – also kein Bereich dauerhaft wartet oder überlastet ist. Gegebenenfalls dimensioniert man Puffer zwischen Abschnitten (z. B. kleine Regallager oder Förderstrecken), um Unterschiede in den Bearbeitungszeiten auszugleichen.

  • In der Prozessfertigung (Chemie etc.) spricht man eher von Anlagenlayout (Anordnung von Apparaten und Rohrleitungen). Wichtige Kriterien sind hier Sicherheitsabstände (z. B. wegen Brand/Explosion bestimmte Abstände zwischen Anlagenteilen oder zu Gebäuden) und ein sinnvolles strömungstechnisches Flussdiagramm (kurze Rohrwege, Schwerkraftnutzung für Flüsse, Zugänglichkeit für Wartung). Die Dimensionierung muss auch die Gebäudeinfrastruktur (z. B. Pipe-Racks, Versorgungstrassen) mitdenken.

Die Flächenberechnung ist ein Kernbestandteil der Layoutplanung. Jeder Maschine, jeder Arbeitsplatz und jeder Lagerbereich braucht eine definierte Fläche plus Verkehrsflächen. Übliche Planungsrichtwerte: Für Gabelstaplerverkehr sind Fahrwege von ~3 m Breite vorzusehen; um eine Maschine ist ein Wartungsabstand von z. B. 0,8 m einzuhalten (oft in Herstellerdokumentation oder BG-Regeln angegeben); Notausgangsgänge in Industriehallen mindestens 1,2 m breit, ggf. mehr bei hoher Personenzahl. Summiert man Fertigungsflächen, Lager, Transportwege und Nebenflächen (Büro, Sozialräume), ergibt sich die Bruttogrundfläche des Betriebs, die wiederum in Relation zu Grundstücksgröße und Baugrenzen stehen muss.

  • Eine sinnvolle Praxis ist die Aufteilung in Funktionsbereiche: z. B. Wareneingang, Lager, Fertigung (mit Unterbereichen), Montage, Prüfung/QS, Versand. Jeder Bereich wird dimensioniert nach Menge der dort sich voraussichtlich aufhaltenden Materialien/Teile plus einem Wachstumspuffer. Materialflussanalysen (etwa anhand von Sankey-Diagrammen oder Wertstromanalysen) helfen, kritische Verbindungen zu identifizieren, die räumlich nahe sein sollten. So würde man beispielsweise in einem metallverarbeitenden Betrieb die Bearbeitungsmaschinen (Drehen/Fräsen) nahe ans Materiallager und an den Wareneingang legen, um Rohmaterial schnell bereitzustellen, während die Montage vielleicht in einem separaten, sauberen Bereich nahe dem Versandbereich liegt.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Layout): Die Digitalisierung erlaubt neue Layout-Konzepte. Beispielsweise mit autonomen Transportrobotern (AGVs) ist man nicht mehr an feste Förderbänder gebunden – das fördert flexible Layouts, die schneller umkonfiguriert werden können, weil die Routen der AGVs softwaregesteuert anpassbar sind. Ein Trend ist die Matrix-Produktion: Statt einer starren Linie gibt es Module, die je nach Produkt durch verschiedene Pfade miteinander verknüpft werden können (ähnlich einem Schienennetz, wo Wagen unterschiedliche Stationen anfahren). CPS-gesteuerte Fertigungsmodule können sich selbst organisieren, was völlig neue Anforderungen an Flächendimensionierung mit sich bringt – beispielsweise braucht man Pufferflächen, wo mobile Roboter anhalten können, oder standardisierte Modulgrößen, damit ein schnelles Umsetzen von Stationen möglich ist. In der Planungsphase sollte man daher – falls Industrie 4.0 eine große Rolle spielt – Reserveflächen vorsehen für zukünftige zusätzliche Module oder Roboterwege. Auch wird die IT-Infrastruktur (WLAN-Abdeckung, 5G-Campusnetz, Steckdosen/Charging Spots für mobile Systeme) Teil des Layoutplans (siehe dazu den Abschnitt IT-Infrastruktur).

Automatisierungsgrad und Technologieeinsatz

Ein wesentliches technisches Kriterium ist die Frage nach dem Automatisierungsgrad. Je höher automatisiert, desto mehr technische Hilfsmittel (Roboter, Sondermaschinen, Fördertechnik) müssen vorgesehen werden – was Platz, Energieversorgung und Kühlung erfordert – und desto weniger direkte menschliche Arbeitsplätze sind einzuplanen (was aber wiederum höhere Anforderungen an Instandhaltung und Steuerungstechnik bedeutet). Die Entscheidung hängt von Stückzahl, Produktkomplexität und Wirtschaftlichkeit ab. Im Sondermaschinenbau wird oft geringer automatisiert (viele manuelle Montageschritte, da Losgröße 1, und der Mensch ist flexibler als eine Maschine bei ständig wechselnden Aufgaben).

In der Massenfertigung hingegen werden repetitive Tätigkeiten fast immer automatisiert, z. B. Schweißroboter im Karosseriebau, Bestückungsautomaten in der Elektronikfertigung:

  • Der Automatisierungsgrad bestimmt die technische Auslegung: Vollautomatisierte Linien benötigen z. B. Schutzzäune um Roboter (Platzbedarf, Sicherheitsabstände) und Steuerungsräume bzw. Schalträume, wo die Elektronik untergebracht wird. Auch Hallenhöhe kann eine Rolle spielen – Kräne oder Hochregallager erfordern eine gewisse Mindesthöhe. Bei vielen Industrierobotern muss der Hallenboden die Kräfte aufnehmen können (Betonbodenstärke, Fundamente). All dies sind technische Dimensionierungsdetails, die früh bedacht werden müssen.

  • Neben der Automation ist auch der eingesetzte Technologietyp entscheidend: Unterschiedliche Fertigungsverfahren haben unterschiedliche Infrastrukturbedarfe.

Beispielsweise:

  • Zerspanung (Drehen, Fräsen): benötigt Druckluft, Kühlschmierstoff-Versorgung, Späneentsorgung, oft ein Fundament für große Bearbeitungszentren; die Abwärme kann hoch sein (Kühlung/Lüftung nötig).

  • Blechbearbeitung (Laser, Stanzen): erfordert Absauganlagen für Rauch/Stäube, Schutzwände gegen Laserstrahlung, Lager für Blechtafeln; Laserresonatoren brauchen ggf. besondere Kühlaggregate.

  • Kunststoff-Spritzguss: braucht gekühltes Wasser, Temperiergeräte, Granulattrockner, Absaugung etc., plus Materiallager (Silos).

  • Lackiererei: sehr aufwendig, mit Lösemittel-Absaugung, Ex-Schutz (explosionsgeschützte Einrichtungen), Frischluftzufuhr und Trockneröfen.

Daher müssen die Versorgungsmedien (Druckluft, Wasser, Strom, Gas, Dampf usw.) richtig dimensioniert werden. Das heißt konkret, die Querschnitte der Versorgungsleitungen, die Kapazität von Kompressoren, Transformatorenstationen etc. werden aus dem Maschinenpark abgeleitet. Wenn etwa 10 CNC-Maschinen je 6 bar Druckluft mit 200 Nl/min Verbrauch benötigen, muss ein Kompressor ausgelegt werden, der ~2000 Nl/min liefert, plus Reserve – und es muss Platz für Kompressorraum und Druckluftspeicher geben.

  • Qualitätssicherung als technischer Teilprozess: Fast jede Fertigung benötigt Prüfeinrichtungen (Messmaschinen, Prüfplätze). Diese sind ebenfalls zu dimensionieren (z. B. Durchsatz der Prüfanlage nicht geringer als Produktionstakt, sonst entsteht Flaschenhals). Oft müssen Prüfbereiche klimatisiert sein (Messräume mit 20°C ±1°C). Das hat bauliche Konsequenzen (separater Messraum mit Klimaanlage).

  • Industrie 4.0-Aspekt (Technologie): Moderne Technologien wie additive Fertigung (3D-Druck), CPS und intelligente Montagesysteme beeinflussen die Dimensionierung. Additive Fertigung könnte z. B. in Zukunft Teile on-demand herstellen und Lager reduzieren – was räumliche Änderungen mit sich brächte (weniger Lagerfläche, mehr Druckerfläche). CPS und smarte Maschinen können untereinander Plug-&-Play kommunizieren; dafür müssen Standardschnittstellen vorgesehen sein. Bei der technischen Planung sollte man daher Maschinen bevorzugen, die Industrie-4.0-ready sind (z. B. OPC-UA-Schnittstelle, Fähigkeit zur Datenüberwachung). Solche Maschinen erzeugen Daten, die in Leitständen oder Clouds verarbeitet werden – man muss also auch Rechnerkapazität vor Ort einplanen, etwa in Form von Edge-Computing-Geräten an jeder Maschine oder einem zentralen Serverraum. In vielen neuen Fabriken wird eine leitstandgestützte Fertigung dimensioniert: Das heißt, es gibt einen zentralen Kontrollraum mit Bildschirmen, von dem aus der Produktionsfortschritt überwacht wird, teilweise auch ferngesteuert. Das gehört heute zur technischen Ausstattung und braucht Fläche, Ausrüstung und Personal, was zeigt, wie sich technisch und organisatorisch die Kriterien vermengen.

Flexibilität und Wandlungsfähigkeit

Ein technisch anspruchsvolles Kriterium ist die Wandlungsfähigkeit der Fertigung. Damit ist gemeint, dass die Anlage sich an geänderte Bedingungen (neue Produkte, Mengenänderungen, technische Neuerungen) anpassen kann, ohne komplett umgebaut zu werden.

In der Planung kann man Flexibilität durch folgende Maßnahmen dimensionieren:

  • Überkapazitäten vorsehen: z. B. 20% Platzreserve im Layout lassen für zusätzliche Maschinen oder Puffer.

  • Modulare Einheiten: statt einer großen Produktionslinie lieber mehrere kleinere, die je nach Bedarf zusammengeschaltet oder getrennt betrieben werden können.

  • Schnelle Umrüstbarkeit: etwa universelle Spannvorrichtungen, multifunktionale Roboterköpfe, flexible Montagearbeitsplätze, an denen verschiedene Produkte gebaut werden können (mit IT-Unterstützung, die den Werker visuell durch unterschiedliche Montageabläufe führt).

  • Gebäudetechnisch: höhere Traglasten im Boden einplanen, auch wenn initial nicht benötigt, damit später auch schwerere Anlagen aufstellbar sind; Versorgungskanäle überdimensionieren; modulare Gebäudestruktur, die Anbauten oder Umbauten erleichtert (z. B. Rastermaß der Halle passend zu erwarteten Maschinen).

Diese Flexibilitätsreserven kosten zwar zunächst (mehr Fläche, ggf. teurere Universalmaschinen), zahlen sich aber aus, wenn Änderungen kommen. Gerade im Sondermaschinenbau kann das relevant sein, falls z. B. plötzlich ein Großauftrag eine Verdoppelung der Kapazität erfordert – hat man vorher Reserven vorgesehen, kann man rascher skalieren.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Flexibilität): Industrie 4.0 strebt hochflexible und wandlungsfähige Produktionsprinzipien an. Durch digitale Vernetzung wird die Umrüstung erleichtert – z. B. können Maschinenparameter oder Fertigungsprogramme zentral geändert werden, ohne dass man physisch eingreifen muss. Auch ermöglichen simulationsbasierte Planungen (Digital Twin) eine schnellere Umplanung der Fabrik, weil verschiedene Szenarien durchgespielt werden können, bevor real umgebaut wird. Dennoch gilt: Die physische Flexibilität (also austauschbare Maschinenmodule, mobile Geräte) muss von vornherein mitgedacht werden, da digitale Lösungen allein keine starren physikalischen Gegebenheiten überwinden können. Zukünftige Konzepte wie Matrixproduktion und selbstorganisierende Fabriken setzen auf verteilte, rekonfigurierbare Systeme – wer heute eine Fertigung plant, könnte versuchen, schon Prinzipien davon einzubauen (z. B. standardisierte Schnittstellen für Strom/Daten/Luft an jedem potenziellen Maschinenstellplatz, damit Umsetzungen plug&play möglich sind). Die VDI 5200 Blatt 2 (2022 über wandlungsfähige Fabriken) empfiehlt, Wandlungsfähigkeit als eigenes Zielkriterium bei Planung zu verankern.

Zusammenfassung technische Kriterien

Technische Dimensionierungskriterien definieren das Gerüst der Fertigung: welche und wie viele Maschinen, wie angeordnet, mit welcher Leistung und Technik. Diese müssen stets im Zusammenspiel mit den folgenden Aspekten gesehen werden – denn Technik allein funktioniert nur in Einklang mit den Menschen, Prozessen und Finanzen, die dahinter stehen. Daher widmet sich das nächste Kapitel den organisatorischen Dimensionierungskriterien, die oft parallel zu den technischen geplant werden.

Organisatorische Dimensionierungskriterien

Unter organisatorischen Kriterien verstehen wir alle Faktoren, die die Aufbau- und Ablauforganisation der Fertigung betreffen. Dazu zählen die Personalplanung (Quantität und Qualifikation der Mitarbeiter), die Arbeitsorganisation (Schichtmodelle, Teamstrukturen, Führungs- und Kommunikationswege) sowie die Produktionssteuerungssysteme und Prozessabläufe. Auch Aspekte wie Instandhaltungsorganisation, Qualitätsmanagement und Logistiksteuerung gehören dazu, überschneiden sich aber mit den separaten Kapiteln zu unterstützenden Prozessen. Hier fokussieren wir auf die personell-organisatorische Dimension.

Personalbedarf und Qualifikation

Die Anzahl der benötigten Mitarbeiter in der Fertigung ergibt sich aus dem geplanten Produktionsvolumen, dem Automatisierungsgrad und der Schichtplanung. In einer weitgehend manuellen Montage muss etwa pro Station Personal eingeplant werden (z. B. 1 Werker pro Arbeitsplatz pro Schicht). In einer automatisierten Linie überwachen wenige Bediener mehrere Maschinen.

Zur Dimensionierung nutzt man häufig Kennzahlen wie Produktivität (Stück pro Mannstunde) oder Betreuungsgrad (wie viele Maschinen bedient ein Mitarbeiter gleichzeitig):

  • Beispiel: Für die Serienmontage eines Produkts wurde ein Gesamtzeitbedarf von 100 Minuten ermittelt; pro Schicht (480 Minuten netto) können also theoretisch 4,8 Stück von einer Person montiert werden. Soll die Tagesproduktion 20 Stück betragen, bräuchte man rechnerisch ~4,2 Personen pro Schicht. Man würde also 5 Montagearbeitsplätze mit 5 Personen pro Schicht planen (falls keine Automation hilft). Alternativ, wenn ein Teil der Montage durch Roboter erfolgt, verringert sich die Personalzahl entsprechend, jedoch muss man dann technisches Betreuungspersonal (Anlagenführer, Instandhalter) hinzurechnen.

  • Die Qualifikation der Mitarbeiter beeinflusst ebenso die Organisation: Im Spezialmaschinenbau hat man viele Facharbeiter mit breitem Können, die flexibel einsetzbar sind. Man dimensioniert hier eher ein Stammteam, das mehrere Tätigkeiten beherrscht, statt für jeden Prozessschritt eine separate Person vorzusehen. In Massenproduktionen dagegen gibt es oft hoch spezialisierte Tätigkeiten (der eine Arbeiter führt immer denselben Handgriff aus). Das hat Einfluss auf Schulungsbedarf, Fluktuation (monotone Arbeiten haben höhere Fluktuation, es sei denn man rotiert die Leute regelmäßig) und Aufsicht (mehr Leute erfordern Vorarbeiter, Schichtführer etc.). Organisatorisch muss die Hierarchie mitgedacht werden: Ab welcher Mannschaftsstärke braucht man Teamleiter? Gängig ist eine Spanne von 1 Meister je 20–30 Mitarbeiter, drunter Teamleiter je 5–10.

  • In die Personalplanung fällt auch die Schichtmodell-Entscheidung: Ein-, Zwei- oder Dreischichtbetrieb. Mehrschicht erhöht die Anlagenauslastung, ändert aber die Arbeitszeiten der Beschäftigten – es müssen Schichtzulagen kalkuliert werden, Nachtschicht belastet ergonomisch, und nicht jeder Mitarbeiter kann zu jeder Zeit arbeiten (Thema Work-Life-Balance). Bei Dreischicht kann man grob mit 4,5–5 Mitarbeitern pro Stelle rechnen (wegen Urlaub, Krankheit, Wochenenden). Dies bläht die Personaldecke auf, was organisatorisch zu mehr Koordinationsaufwand führt.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Personal): Häufig wird die Sorge diskutiert, Industrie 4.0 ersetze menschliche Arbeit. In Realität verschieben sich vor allem Qualifikationsprofile: Gefragt sind IT-Kompetenzen auch auf Shopfloor-Ebene. Organisatorisch bedeutet dies, dass in einer smart Factory neue Rollen entstehen: z. B. Data Analyst, Robotik-Spezialist, Industrial Security Manager. Diese müssen in den Personalplan eingebaut werden. Evtl. sinkt die Zahl einfacher manueller Tätigkeiten, während die Zahl hochtechnischer Jobs steigt. Aus Dimensionierungssicht sollte man Weiterbildung einplanen: Mitarbeiter müssen laufend geschult werden, um mit neuen digitalen Hilfsmitteln umzugehen. Zudem kann dank Digitalisierung der Mensch-Maschine-Schlüssel sich ändern: Ein Werker kann vielleicht mit AR-Brille effizienter mehrere Stationen betreuen. Oder kollaborative Roboter („Cobots“) nehmen belastende Aufgaben ab, so dass Mitarbeiter mehr koordinierende Aufgaben übernehmen. Die Organisation muss flexibel genug sein, diese Änderungen aufzufangen. Unternehmen tun gut daran, früh Mitbestimmung (Betriebsrat) einzubeziehen, da Einführung von Industrie-4.0-Technik oft mit Arbeitszeit- und Aufgabenänderungen einhergeht.

Arbeitsorganisation und Prozesse - Die Gestaltung der Arbeitsorganisation betrifft, wie die Mitarbeiter zusammenarbeiten und welche Prozesse definiert sind:

  • Aufbauorganisation: Werden Teams nach Produkten gebildet (z. B. Fertigungslinie A hat eigenes Team) oder funktionsorientiert (z. B. alle Schweißer unter einer Leitung, alle Lackierer unter einer anderen)? Im ersteren Fall hat man Segmentierung oder Inselfertigung, was die Verantwortung dezentralisiert und die Koordination innerhalb eines Teams erhöht (Prinzip der Fraktalen Fabrik). Im zweiten Fall hat man eine funktionale Organisation, was Spezialisierungsvorteile bringt, aber Koordinationsaufwand zwischen Abteilungen (z. B. Planung schiebt Aufträge von Abteilung zu Abteilung).

  • Ablauforganisation: Hierunter fällt Produktionsplanung und -steuerung (PPS). Wird auftragsbezogen gefertigt oder gegen Lager? Nutzt man Kanban-Karten für interne Steuerung (selbstregelndes System) oder zentrale MRP-Software? Bei geringer Stückzahl und hoher Varianz (Sondermaschinen) wird man eher projektorientiert planen – jedes Projekt hat Meilensteine, und der Projektleiter koordiniert die Werkstatttermine. In der Serienfertigung dominieren Taktpläne und elektronische Leitstände, die Materialflüsse synchronisieren.

Die Organisation muss auch unterstützende Funktionen dimensionieren: etwa wie viele Logistikmitarbeiter (Staplerfahrer, Kommissionierer) man benötigt, wie viele Qualitätsprüfer, ob man eine eigene Instandhaltungsabteilung hat (dazu im Instandhaltungs-Abschnitt mehr). Diese Querschnittsfunktionen müssen personal- und flächenmäßig berücksichtigt sein (z. B. Qualitätssicherungsbüro, Ersatzteillager etc.).

Ein weiterer Punkt ist die Kommunikations- und Führungsstruktur. Bei der Dimensionierung eines größeren Betriebs (>50 Mitarbeiter) kommt die Notwendigkeit, formelle Strukturen einzuziehen: Regelmeetings (Shopfloor-Runden), visuelles Management (Andon-Boards mit Kennzahlen). Lean-Methoden empfehlen hier z. B. Shopfloor-Management-Boards, die man an zentralen Orten aufstellt – also auch physisch Raum für kurze Stehmeetings vorsehen.

  • Planung von Kennzahlen und Kontrolle: Organisatorisch dimensionieren heißt auch, ein Kennzahlensystem aufzusetzen (z. B. Ausbringung pro Schicht, Ausschussquote, OEE), das regelmäßig überwacht wird. Dafür braucht es ggf. Personal (Arbeitsvorbereiter, Industrial Engineer), die diese Analysen machen. Bei kleinen Fertigungen übernimmt das der Meister nebenbei, bei großen gibt es ganze Abteilungen für Fertigungssteuerung und Controlling.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Arbeitsorganisation): Durch Digitalisierung können viele Prozesse automatisiert oder transparenter gestaltet werden. Beispielsweise kann die Produktionssteuerung mittels MES (Manufacturing Execution System) softwaregestützt erfolgen, wodurch Papieraufträge entfallen und Echtzeitdaten die Priorisierung übernehmen. Das ändert die Aufgabe der Arbeitsvorbereitung: weniger manuelles Planen, mehr Überwachen der Systeme. Organisationen müssen u. U. agiler werden – etwa in cross-funktionalen Teams zusammenarbeiten, wenn Daten Analysen in Echtzeit ermöglichen. Ein Konzept ist die selbststeuernde Produktion: Maschinen verhandeln untereinander Auftragsreihenfolgen basierend auf Algorithmen. Der Mensch greift nur bei Ausnahmefällen ein. In solchen Szenarien werden herkömmliche Hierarchien flacher; der Werker wird zum Entscheider auf Shopfloor-Level mit Unterstützung von Decision-Support-Systemen. Die Organisation sollte darauf ausgerichtet sein, Verantwortung nach unten zu geben und Mitarbeiter zu befähigen, mit digitalen Tools Entscheidungen zu treffen.

Schichtmodelle und Arbeitszeit

Die Dimensionierung der Fertigungskapazität hängt auch eng mit dem Arbeitszeitmodell zusammen. Man kann entweder in eine Schicht (typisch 8 Stunden am Tag) produzieren oder auf 2–3 Schichten ausweiten, sogar 4-Schicht-Modelle (kontinuierlicher Betrieb 24/7 mit rollierender Besetzung) sind möglich, z. B. in Prozessindustrien oder Gießereien, die nicht erkalten dürfen.

Bei der Planung muss man rechtlich das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) beachten, das tägliche Höchstarbeitszeiten (i.d.R. 8, ausweitbar auf 10 Stunden) und Ruhezeiten vorschreibt. Nacht- und Wochenendarbeit sind besonders zu begründen und mit Zuschlägen zu

  • Ein- vs. Mehrschicht: Ein Grundsatz ist, dass die Investitionsauslastung bei Mehrschicht höher ist – teure Maschinen verdienen ihr Geld nur, wenn sie laufen. Daher streben Massenfertiger oft 3-Schicht-Betrieb an. Organisatorisch bringt das Herausforderungen: Nachtschicht hat erhöhte Unfallrisiken, die Leistungskurve der Mitarbeiter sinkt nachts, die Koordination zwischen Schichten (Übergaben) muss organisiert sein. Für 3 Schichten benötigt man ~4 Teams (damit jeder mal frei hat am Wochenende und Urlaubsvertretungen da sind). Das bläht den Personalstamm auf, was in der Personaldimensionierung berücksichtigt sein muss.

  • In flexiblen Werkstätten (Sondermaschinenbau) fährt man häufig zunächst Einschicht, verlängert ggf. auf 10h mit Gleitzeit, und bei Auftragsspitzen fährt man Sonderschichten am Samstag oder in 2 Schichten temporär. Diese Flexibilität sollte vertraglich und räumlich möglich sein (z. B. Beleuchtung muss auch Nachts arbeitstauglich sein, Lärmschutz falls nachts gearbeitet wird und ein Wohngebiet in Nähe ist – hier können behördliche Auflagen greifen, z. B. Nachtruheschutz, das kann den Schichtbetrieb limitieren).

  • Teamarbeit und Ergonomie der Organisation: Moderne Ansätze sehen vor, Schichtarbeit ergonomischer zu gestalten – z. B. Wechselschichtmodelle, die nicht zu lange Nachtschichtblöcke haben. Organisatorisch kann man entwerfen: 5 Teams, die in einem kontinuierlichen Wechsel (Früh-Spät-Nacht, danach lange frei) rotieren, um Belastungen zu streuen. Solche Modelle müssen mit dem Betriebsrat abgestimmt werden und fließen in die Personalkapazität ein.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Schicht): Perspektivisch könnte man durch mehr Automation Nachtschichten „geisterhaft“ fahren lassen – also Maschinen laufen mit minimaler Besatzung, lediglich Fernüberwachung (z.B. Alarm aufs Handy des Bereitschaftstechnikers). Das könnte helfen, das Arbeitszeitvolumen effektiver zu nutzen, ohne Menschen Nachtarbeit zuzumuten. Einige Fabriken praktizieren schon "lights-out manufacturing" in Nachtschicht. Das stellt jedoch Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Technik (Störungen müssen automatisiert beherrscht werden) und an die Fernwartungs-Infrastruktur (Kameras, Sensoren, Remotezugriff). Wenn so etwas geplant ist, sollte es im Konzept verankert sein – z. B. räumt man dann nachts die Halle von Menschen und verriegelt sie, Roboter arbeiten autonom; es muss gewährleistet sein, dass keine Person eingeschlossen ist etc. Organisatorisch braucht man Bereitschaftsdienste.

Führung, Kultur und Zusammenarbeit

Auch weniger greifbare Dimensionen wie Führungskultur und Zusammenarbeit sollten in einer Habilitationsschrift erwähnt werden, da sie den Erfolg einer Fertigung maßgeblich beeinflussen. Zwar lassen sie sich nicht „dimensionieren“ im Sinne von Zahlen, aber man kann Rahmenbedingungen setzen: z. B. Flache Hierarchien anstreben (dann plant man weniger Führungsebenen ein, was Personalstellen spart, aber höhere Anforderungen an Selbstorganisation der Teams stellt) oder Kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) etablieren (dann muss man Zeit einplanen, z. B. 15 Minuten Schichtende für Verbesserungsmeeting pro Woche, und vielleicht einen Kaizen-Workshop-Bereich mit Whiteboards bereitstellen).

Wenn eine Organisation Lean-Prinzipien verfolgt, ist das Layout häufig so gestaltet, dass Transparenz herrscht (visuelle Steuerung, z. B. Kanban-Regale) und dass Mitarbeiter in U-förmigen Zellen zusammenarbeiten.

Das muss in Einklang mit Flächenplanung gebracht werden:

  • Industrie 4.0-Aspekt (Kultur): Die digitale Transformation gelingt nur, wenn die Mitarbeiter sie mittragen. Eine offene Fehlerkultur, Bereitschaft zu lebenslangem Lernen und bereichsübergreifende Kooperation (IT und Produktion arbeiten Hand in Hand) sind Erfolgsfaktoren. Das kann man indirekt „organisatorisch dimensionieren“, indem man Kommunikationsplattformen schafft (z. B. regelmäßige Jour Fixe zwischen IT und Fertigung, Schulungsprogramme) und vielleicht sogar die Gebäudegestaltung darauf auslegt (Offices für Produktionsingenieure direkt an der Fertigung, digitale Anzeigetafeln zur Info). Unternehmen im Maschinenbau berichten, dass die Mensch-zu-Mensch-Kommunikation trotz aller Vernetzung wichtiger denn je ist – im Zweifel muss ein Schichtleiter problemlos den Datenanalysten erreichen können, wenn etwa die Auswertung seltsame Trends zeigt.

Zusammenfassung organisatorische Kriterien

Organisatorische Kriterien bestimmen das soziale und prozessuale Rückgrat der Fertigung. Sie sind eng mit technischen Entscheidungen verwoben – z. B. bedingt viel Automation eine andere Personalstruktur als handwerkliche Fertigung. Bei der Planung müssen daher Hard Facts (Personalzahlen, Schichtzeiten) mit Soft Facts (Qualifikation, Motivation, Kultur) in Einklang gebracht werden.

Ergonomische und sicherheitstechnische Dimensionierungskriterien

Eine Fertigung ist nur dann optimal dimensioniert, wenn sie menschenfreundlich und sicher gestaltet ist. Ergonomie und Sicherheit betreffen die physischen Arbeitsbedingungen, die Gestaltung der Arbeitsplätze, den Schutz vor Unfällen und Gesundheitsschäden sowie das Notfall- und Risikomanagement. Diese Aspekte sind nicht nur ethisch und gesetzlich notwendig, sondern beeinflussen auch die Produktivität (ergonomisch eingerichtete Arbeitsplätze steigern die Leistung und reduzieren Fehler sowie Ausfallzeiten).

Arbeitsplatzergonomie und humane Arbeitsgestaltung

Die ergonomische Gestaltung zielt darauf ab, die Arbeitsbelastung für den Menschen gering zu halten und eine effiziente, fehlerarme Ausführung der Tätigkeiten zu ermöglichen.

Wichtige Dimensionierungskriterien hierbei sind:

  • Körperhaltung und Bewegungsraum: Arbeitsplätze sollten so dimensioniert sein, dass Mitarbeiter in einer natürlichen Haltung arbeiten können. Arbeitshöhen müssen passend zur Körpergröße (oder verstellbar) sein – z. B. Montagebänke idealerweise höhenverstellbar, um sowohl im Sitzen wie Stehen arbeiten zu können. Greifräume definieren den Bereich, in dem ein Mitarbeiter Werkzeuge und Teile ohne übermäßiges Strecken erreichen kann; gemäß ergonomischen Normen sollte alles häufig Benötigte innerhalb des optimalen Greifraums (ca. 60 cm Radius vor dem Körper in Höhe zwischen Hüfte und Schulter) liegen. Bei der Layoutplanung einzelner Arbeitsstationen gilt: genügend Beinfreiheit im Sitzen (DIN 33402 liefert anthropometrische Maße), kein dauerhaftes Überkopfarbeiten, keine Zwangshaltungen (z. B. verdrehte Wirbelsäule).

  • Beleuchtung und Sichtverhältnisse: Wie bereits im Rechtskapitel erwähnt, sind ausreichende Beleuchtungsstärken essenziell. 500 Lux gelten als Untergrenze für viele Montage- oder Kontrollarbeiten, bei feinen Arbeiten (z. B. Elektroniklöten) werden 1000 Lux und mehr empfohlen. Blendfreie Beleuchtung (Leuchten mit Prismenabdeckung, richtige Anordnung um Spiegelungen auf Displays oder Werkstücken zu vermeiden) ist Teil der ergonomischen Dimensionierung. Auch Tageslicht und Sichtverbindung nach draußen (psychologische Wirkung) sind wünschenswert und in der ArbStättV empfohlen, was die Platzierung der Arbeitsplätze in Hallen (nicht alle in der fensterlosen Hallenmitte) beeinflusst.

  • Klima und Lärm: Temperaturen in Arbeitsräumen sollten in angenehmem Bereich liegen (idealerweise 19–22°C für leichte Tätigkeit). Fertigungen erzeugen Wärme (Maschinen, Menschen) – eventuell ist eine Kühlungs- oder Lüftungsplanung nötig, um Hitzestress zu vermeiden. Zugluft ist zu minimieren. Relative Feuchte um 40–60%. Lärm ist ein großes Thema in vielen Fertigungen (Pressen, Fräsen, etc.). Gesetzlich sind 85 dB(A) Tages-Lärmexpositionspegel als obere Grenze definiert, ab der Gehörschutz angeboten werden muss, und 80 dB(A) als Wert, ab dem Aufklärung nötig ist. Ergo sollte ein Fertigungslayout Lärmquellen bündeln oder kapseln. Etwa kann man besonders laute Maschinen in einen separaten Schallschutzraum stellen. Akustikdecken oder Schallschutzkabinen verringern den Schallpegel. Die Dimensionierung muss ggf. Platz für solche Schutzeinrichtungen vorsehen.

  • Aufgabenwechsel und Monotonie: Ergonomie umfasst auch kognitive Aspekte. Sehr monotone oder hochrhythmische Arbeiten belasten auf Dauer mental. Daher sollte – wo möglich – Aufgabenvielfalt vorgesehen werden. Das kann organisatorisch durch Rotationssysteme geschehen, was aber auch räumliche Auswirkungen hat: vielleicht sind dann Arbeitsstationen multifunktional ausgelegt, damit ein Mitarbeiter verschiedene Montageschritte an einem Platz machen kann (statt Fließband mit immer gleicher Tätigkeit).

  • Pausengestaltung: Erholungsbereiche (Pausenraum, Sitzecke in der Halle) gehören ebenfalls zur ergonomischen Ausstattung. Ihre Größe richtet sich nach Mitarbeiterzahl pro Schicht (z. B. mindestens 1 m² Pausenraum pro Mitarbeiter, als Richtwert).

  • Dimensionierungsbeispiel: In einer Montagelinie mit 10 Stationen plant man z. B. jede Station als Sitz-/Steharbeitsplatz mit Hocker und Stehhilfe, um Haltungswechsel zu ermöglichen. Die Arbeitsfläche wird in Höhe 90 cm (stehend) dimensioniert, aber mit Verstellmöglichkeit ±20 cm. Jede Station hat eine eigene LED-Leuchte mit 1000 Lux auf der Arbeitsfläche für Feinarbeit. Zudem hat man alle Behälter im Greifraum positioniert, schwerere Teile unter 5 kg (wenn mehr, dann Hebehilfen vorsehen).

  • Ergonomie ist im deutschen Arbeitsschutz stark durch Regeln der Unfallversicherung abgedeckt (z. B. Leitmerkmalmethoden für Heben/Tragen, Bildschirmarbeit-Verordnung etc.). Bei der Planung sollte man idealerweise einen Arbeitswissenschaftler hinzuziehen oder ergonomische Software (Jack, Tecnomatix etc.) nutzen, um z. B. Wirbelsäulenbelastungen zu simulieren.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Ergonomie): Einerseits nimmt Industrie 4.0 dem Menschen körperlich schwere oder monotone Arbeit ab (durch Roboter, Assistenzsysteme). Andererseits kommen neue ergonomische Herausforderungen hinzu, z. B. Bildschirmarbeitsplätze direkt in der Produktion (der Werker interagiert mit Tablets/Maschineninterfaces, wodurch andere Ergonomie-Regeln gelten – Bildschirm muss lesbar sein, richtige Höhe, keine Reflexionen). Auch die Mensch-Roboter-Kollaboration stellt Anforderungen: Cobots arbeiten ohne Trennzaun neben Menschen, sie müssen aus Sicherheitsgründen langsam und weich agieren, aber auch der Mensch muss geschult sein, mit ihnen umzugehen (keine plötzlichen Bewegungen, die der Roboter nicht erwarten kann). Augmented-Reality-Brillen können die Nackenbelastung erhöhen, wenn schlecht gestaltet. Hier muss also Technikergonomie und Softwareergonomie (Stichwort ISO 9241 für interaktive Systeme) beachtet werden. Insgesamt bietet Industrie 4.0 jedoch die Chance, Arbeitsplätze adaptiv zu machen: z. B. Hebeassistenz, die automatisch auf den Bediener reagiert, oder Exoskelette als Hilfsmittel. In einer modernen Fertigungsplanung kann man solche Assistenzsysteme gleich mit einplanen (z. B. Arbeitsplätze so bemessen, dass Platz für einen Exoskelett-tragenden Mitarbeiter ist oder dass Bodenschwellen vermieden werden, damit AGVs und Exo-Träger sicher manövrieren können).

Maschinensicherheit und Anlagensicherheit

Parallel zur Ergonomie (die eher die Normallage betrifft, in der gearbeitet wird) ist die Sicherheit maßgeblich – also der Schutz vor Unfällen, Störfällen und sonstigen Schäden.

Hier einige Dimensionierungskriterien:

  • Schutzeinrichtungen an Maschinen: Jede Maschine muss entsprechend der Risikobeurteilung mit Schutzeinrichtungen ausgestattet sein (Abdeckungen, Not-Halt, Zweihandbedienung etc.). In der Planung heißt das, der Platzbedarf der Maschine inkludiert Schutzräume. Z.B. ein Industrieroboter hat einen Gefahrenbereich, wo er hinreichen kann – darum baut man einen Schutzzaun in ausreichend Abstand (berechnet aus Nachlaufzeit und Roboterbewegung, nach Norm EN ISO 13855). Ein typischer Industrieroboter benötigt locker 2–3 m Raum ringsum als Sicherheitsbereich. Diese Sicherheitsabstände müssen ins Layout. Wenn lichtschrankenüberwachte Bereiche eingesetzt werden (statt Zäunen), muss dahinter ebenfalls Pufferzone sein, bevor jemand an gefährliche Stelle gelangen kann, es sei denn der Roboter stoppt sofort.

  • Notausgänge und Fluchtwege: Bereits erwähnt, aber hier nochmal: Es muss ein Flucht- und Rettungswegkonzept geben. Alle Personen sollen im Notfall schnell ins Freie bzw. an einen gesicherten Ort gelangen. Daher bestimmt die Personenzahl, Hallengröße und -form die Anzahl und Breite von Notausgängen (gemäß Technischen Regeln, z. B. ASR A2.3). Faustregel: Ab 200 qm Hallenfläche mindestens 2 Ausgänge, bei über 1000 qm entsprechend mehr und mind. 2 m breit. Bei der Dimensionierung muss man also festlegen, wo solche Ausgänge sitzen, und der Produktionsbereich darf deren Erreichbarkeit nicht versperren. Fluchtwege sind ständig freizuhalten (auf dem Plan also als nicht belegbar gekennzeichnet).

  • Brandschutz: Das Bau- und Arbeitsschutzrecht fordert bestimmte Brandschutzmaßnahmen. In der Fertigung ist relevant: welche Brandabschnitte (Brandmeldeanlagen, Sprinkler) eingeplant werden. Eine große Halle wird oft unterteilt – etwa alle 5000 m² ein Brandabschnitt mit Feuerschutzwänden. Daraus resultieren bauliche Elemente (Tore mit Brandschluss, Brandschutztüren), die im Layout auftauchen und z.B. die Anordnung von Maschinen beeinflussen können (man darf Durchfahrten nicht dauernd blockieren, Schutztore müssen frei beweglich sein). Brandschutz beinhaltet auch Löschmittel: Hat man viele Elektrik- und EDV-Anlagen, plant man vielleicht Gaslöschanlagen in Schaltschränken. Brennbare Stoffe (Lacke, Lösungsmittel) brauchen separate feuerbeständige Lager. Diese Sicherheitserfordernisse definieren räumliche Sicherheitszonen.

  • Explosionsschutz: Falls in Prozessen Stäube, Gase oder Flüssigkeiten anfallen, die explosiv sein können, müssen Ex-Schutzzonen ausgewiesen werden (ATEX-Richtlinie). In einer Lackierkabine z.B. Zone 1 (Explosionsgefährdung innen), um die Kabine Zone 2. Das heißt elektrische Installationen dort müssen ex-geschützt sein, und man benötigt Abstand zu Zündquellen. Für die Planung: solche Bereiche oft separat und mit Überdruckbelüftung.

  • Hebezeuge und Transporte: Krane, Hebebühnen, Staplerverkehr – auch hier Sicherheit. Laufkrane an der Decke definieren Freiräume (niemand darf im Betrieb unter schwebender Last stehen – manchmal werden Verkehrswege dafür geplant oder Bereiche abgesperrt, wo Last nur drüber schwebt wenn keiner drunter). Staplerverkehr kreuzt Personenwege, also markieren wir Fahrwege (und legen möglichst wenige Kreuzungen fest). Bei Bedarf Schutz durch Warnlichter, automatische Personenerkennung (moderne Stapler haben Sensoren).

  • Notfallmanagement: Instandhaltungswege und Notfallrettungswege überschneiden sich. Man dimensioniert z.B. Luken oder Stege, damit man in verwinkelten Anlagen Zugang hat, um Verletzte zu bergen. Für medizinische Notfälle: Standorte für Erste-Hilfe-Kästen, Augenduschen, Notduschen (z.B. in Chemie-Fertigung), Defibrillatoren festlegen.

  • Sicherheitskultur: Neben physischen Dingen ist auch Verhalten entscheidend – z. B. ist PSA (Persönliche Schutzausrüstung) zu tragen. Organisatorisch wird man daher Räume vorsehen: Umkleiden mit Spinden (Platz je MA), Duschen bei Schmutzarbeiten.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Sicherheit): Interessanterweise kann Industrie 4.0 die Sicherheit erhöhen und neue Risiken schaffen. Erhöhen: Sensorik kann z.B. Gefährdungen in Echtzeit erkennen (etwa wer keinen Helm trägt, via Kamera+KI erkannt und gemeldet; Stapler mit Personenerkennung bremsen automatisch). Digitale Assistenz kann Mitarbeiter vor Risiken warnen (Wearables, die z.B. vibrieren, wenn man in Gefahrenzone tritt). Virtual Reality ermöglicht Schulung in sicherer Umgebung (z.B. Feuerlöschübungen virtuell). Neue Risiken: Vernetzte Systeme können Cyberangriffen unterliegen – eine manipulierte Maschine könnte Fehlbewegungen machen. Daher gehört IT-Sicherheit (Industrial Security) auch zum Arbeitsschutz, weil Manipulation Menschen gefährden kann. Norm IEC 62443 adressiert sowas. Für die Planung heißt das: man muss sich Gedanken um Zugriffsberechtigungen, Netzwerksegmentierung etc. machen – was im Kapitel IT-Infrastruktur kommen wird.

  • Zusammengefasst: Die Fertigung muss so dimensioniert sein, dass in Normalbetrieb ergonomisch gearbeitet werden kann und im Störfall maximale Sicherheit gegeben ist. Das erfordert oft Redundanzen (z. B. zwei Fluchtwege statt einem, falls einer versperrt ist) und Reserven (Platz für Bewegungen, kein Engegefühl).

  • Menschliche Zuverlässigkeit: Es ist auch ein Aspekt von Sicherheit, Arbeiten so zu gestalten, dass Fehler unwahrscheinlich sind. Poka Yoke (Fehlersicherheit) Prinzipien in Montagevorrichtungen, Checklisten, Ampelsysteme – all das fließt ins Design. Ein konkretes Beispiel: eine Montagestation könnte so eingerichtet sein, dass ein Bauteil nur in richtiger Orientierung passt (dadurch kann der Werker es nicht falsch herum einbauen – das ist Qualität und Sicherheit).

Gesundheits- und Umweltschutz

Ergonomie und Sicherheit betreffen primär die unmittelbar Beschäftigten. Darüber hinausgehende Kriterien sind Gesundheitsschutz (langfristige Einwirkungen, z. B. Umgang mit Gefahrstoffen) und Umweltschutz (Sicherheit für die Nachbarschaft, Abfall, Emissionen).

Einige Dimensionierungspunkte:

  • Gefahrstoffe: Wenn im Prozess Chemikalien benutzt werden (Reinigungsmittel, Klebstoffe, Öle), muss die Lagerung und Nutzung nach Gefahrstoffverordnung geplant werden. Das heißt oft: getrennte Gefahrstoffschränke mit Lüftung, minimale benötigte Mengen am Arbeitsplatz (ggf. automatische Dosiersysteme statt offene Bottiche), Absaugung an Emissionsquellen (Lösemitteldämpfe in Klebeprozessen).

  • Physische Belastungen: Arbeiten, die ständige Vibrationen (Presslufthammer), hohe Hitze (Schmiedeofen) oder Strahlen (Schweißen UV-Strahlung) beinhalten, benötigen Schutzmaßnahmen – z.B. Vibrationsgedämpfte Werkzeuge, Hitzeschilde, Schweißerschirme. Diese technischen Schutzmittel sind Teil der Arbeitsplatzgestaltung (z. B. ein Schweißkabinen-Layout in einem Metallbetrieb).

  • Betriebliches Gesundheitsmanagement: Über Ergonomie hinaus könnte man auch präventiv Dinge dimensionieren wie einen Ruheraum (z.B. für kurzzeitige Erholung oder wenn jemand unwohl wird), Fitnessraum (manche Großbetriebe fördern Mitarbeitergesundheit mit eigenem Fitnessbereich).

  • Umweltauflagen: Entsorgung von Abfällen (Späne, Chemieabfälle) bedingt Containerflächen, Separationsanlagen (Ölabscheider im Abwasser, Filter in Abluft). Eine Lackieranlage etwa braucht eine Lösemittel-Rückgewinnung oder Zerstörung (Aktivkohlefilter oder Nachverbrennung). Solche Anlagen nehmen Platz und sollten am Rand der Halle oder draußen positioniert werden (draußen evtl. Containerstationen).

  • Energie und Nachhaltigkeit: Energieeffizienz wird immer mehr zum Kriterium. Bei Neuplanungen kann man z.B. LED-Beleuchtung vorsehen, Maschinen in energierelevanter Größe eventuell mit Lastmanagement (Spitzenlastkappung) dimensionieren. Photovoltaik am Dach oder Blockheizkraftwerk auf dem Gelände – das alles ist Teil des erweiterten Facility-Managements. Flächen für Trafostationen, Netzersatzanlagen etc. gehören auch in den Plan.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Gesundheit/Umwelt): Durch bessere Datenerfassung kann man Belastungen genauer überwachen (z. B. persönliche Dosimeter vernetzt, die Lärmexposition jedes Mitarbeiters messen und warnen, bevor Grenzwert erreicht). Umweltüberwachung: vernetzte Sensoren melden Leckagen sofort (z. B. IoT-Sensor an Chemikalientank). Langfristig strebt man Zero Accident und Zero Emission Fabriken an. Industrie 4.0 hilft hier, indem sie viele Parameter in Echtzeit trackt und intelligentes Reagieren ermöglicht (z. B. automatische Abschaltung einer Maschine, wenn Schwingung auffällig -> verhindert Unfall; oder KI-optimierte Heizungssteuerung spart Energie). Allerdings: All das braucht initiale Integration – Sensoren, Aktoren, Software – die in die Anlage dimensioniert werden müssen (z. B. zusätzliche Kabelwege, Sensorports an Maschinen, Platz für Monitoringgeräte).

Normen und rechtliche Vorgaben (Zusammenfassung):

  • ArbSchG, ArbStättV, BetrSichV: rechtliche Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung und sicheren Gestaltung.

  • DIN EN ISO 12100: beschreibt die Risikominderungsmaßnahmen an Maschinen (Konstruktionsmaßnahmen, Schutzeinrichtungen, Benutzerinformationen).

  • DIN EN ISO 6385 / ISO 10075: ergonomische Grundsätze und Prinzipien der Arbeitsgestaltung.

  • DGUV Vorschriften (ehemals BGV): z. B. DGUV V3 elektrische Anlagen (regelmäßige Prüfung), DGUV V1 Grundsätze der Prävention (allgemeine Unfallverhütung).

  • ISO 45001: Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit (wenn das Unternehmen das anstrebt, beeinflusst es Abläufe und Verantwortlichkeiten).

  • DIN 33430: Eher Personalwesen (Anforderungen an Eignungsdiagnostik), nur am Rande.

  • Branchenspezifische Regeln: z. B. VDI 2853 Gestaltung von Handarbeitsplätzen, VDI 2057 zur Beurteilung von mechanischen Schwingungen (Einwirkung auf Menschen).

  • Produktnormen: falls spezielle Maschine (z. B. Pressen = EN 693, Schweißgeräte = EN 60974 etc.), diese enthalten oft sicherheitstechnische Anforderungen, die indirekt auf die Fertigung wirken (z. B. Abstände, Schutzzonen).

Die Einhaltung dieser Normen ist integraler Bestandteil einer guten Planung – man verankert am besten in den Planungszielen, dass Compliance gewährleistet sein muss. Praktisch wird das durch Audits und Abnahmen geprüft: z. B. vor Inbetriebnahme einer neuen Fertigung erstellt die Fachkraft für Arbeitssicherheit einen Rundgangbericht, die Berufsgenossenschaft oder Aufsichtsbehörde kann Prüfungen durchführen (Abnahme von Druckgeräten etc.).

Im Ergebnis sollen ergonomische und sicherheitstechnische Kriterien dafür sorgen, dass der Mensch gesund, sicher und motiviert in der Fertigung arbeiten kann. Nur dann lassen sich die technischen und organisatorischen Ziele auch nachhaltig erreichen. Der nächste Abschnitt wird sich den wirtschaftlichen Dimensionierungskriterien widmen, die sicherstellen, dass alle technischen, organisatorischen und ergonomischen Maßnahmen sich auch ökonomisch rechtfertigen lassen.

Wirtschaftliche Dimensionierungskriterien

Neben Technik, Organisation und Ergonomie müssen sämtliche Planungsentscheidungen auch einer wirtschaftlichen Betrachtung standhalten. Wirtschaftliche Dimensionierungskriterien betreffen Kosten, Investitionen, Rentabilität und Effizienz. In einer Habilitationsschrift ist es wichtig, diese Aspekte analytisch zu durchdringen, da die optimale Fertigung auch finanziell tragfähig sein muss. Hier werden zentrale ökonomische Gesichtspunkte erläutert:

Investitionskosten und Kapitalbindung

Die Planung einer Fertigung ist im Kern auch eine Investitionsplanung. Der Bau oder Umbau einer Fabrik, die Beschaffung von Maschinen, die Installation von Anlagen – all das erfordert Kapital. Ein wesentliches Kriterium ist daher das Investitionsbudget, das oft begrenzt ist.

Die Dimensionierung muss innerhalb dieses Rahmens optimale Lösungen finden (Kosten-Nutzen-Optimierung):

  • Man erstellt typischerweise zu verschiedenen Layout- und Automatisierungsvarianten Wirtschaftlichkeitsrechnungen: z. B. Vergleich manuelle Montage (geringe Investition, hohe Lohnkosten) vs. automatisierte Linie (hohe Investition, geringere laufende Kosten) über einen Zeitraum X (5-10 Jahre). Mittels Kapitalwert- oder Amortisationsrechnung lässt sich bestimmen, ab welcher Stückzahl die automatisierte Lösung günstiger wird. Diese ökonomischen Berechnungen fließen in die Dimensionierungsentscheidungen ein: So könnte man bewusst entscheiden, eine Maschine kleiner zu dimensionieren, wenn die Auslastung unsicher ist, um Kapital zu sparen und lieber in Zukunft modular nachzurüsten (Schrittstrategie). Oder man investiert in überschüssige Kapazität, weil Großanlagen im Stück billiger sind und man Wachstum erwartet.

  • Kapitalbindung bezieht sich nicht nur auf Anlagen, sondern auch auf Lagerbestände und Werkzeuge. Eine Fertigung mit viel Pufferlager bindet mehr Kapital in Form von Rohmaterial und Zwischenprodukten. In Lean-Philosophie versucht man daher, Puffer möglichst niedrig zu halten (Just-in-Time), um Kapitalbindung und Lagerkosten zu reduzieren. Die Dimensionierung sollte also nicht einfach überall große Lagerflächen vorsehen, sondern wirtschaftlich sinnvolle Bestände anstreben (durch Analyse von Lieferzeiten, Sicherheitsbeständen etc.). Jeder Quadratmeter Lager kostet Miete/Kapitalkosten. Ein gutes Fabrikkonzept versucht, die Flächen effektiv zu nutzen – z. B. Hochregallager statt weiträumige Flachlager, wenn die Kosten je Fläche hoch sind.

  • Abschreibungen und Fixkosten: Investitionen führen zu Abschreibungen (in der GuV über z. B. 10 Jahre verteilt) und zu Fixkosten (Instandhaltung, Versicherung). Eine hoch automatisierte Fabrik hat hohe Fixkosten (Abschreibung der Roboter, Wartungsverträge), aber niedrigere variable Lohnkosten. Umgekehrt hat eine manuelle Fertigung höhere variable Kosten (Löhne pro Stück), aber geringere Fixkosten. Die Dimensionierung muss also auch abhängig vom erwarteten Auslastungsgrad und Marktrisiko erfolgen: Wenn unsicher ist, ob Auslastung hoch bleibt, könnte man die risikoärmere Variante mit weniger Fixkosten wählen, auch wenn Stückkosten dann etwas höher sind – weil man so mehr Flexibilität hat, die Kosten bei geringer Auslastung zu senken (z. B. Personal anpassen statt Kapitalstillstand).

Stückkosten und Produktivität

Ökonomisch relevant sind die Herstellkosten pro Stück. Diese setzen sich aus Materialkosten, Personalkosten, Betriebskosten (Energie, Hilfsstoffe) und Abschreibungen zusammen. Die Fertigungsauslegung beeinflusst vor allem die Personalkosten (durch Automatisierung/Produktivität) und die Betriebskosten (z. B. energieeffiziente Maschinen, Wartungskosten).

Ein dimensionierungsrelevanter Ansatz ist die Produktivitätskennzahl Stück pro Mitarbeiterstunde oder Output/Input-Verhältnis. Man wird Konzepte bevorzugen, die dieses Verhältnis verbessern – soweit es wirtschaftlich sinnvoll ist. Beispiele: Einsatz eines Handlingroboters erhöht Output pro Mitarbeiter, aber kostet auch Energie und Wartung. Der Nettonutzen muss positiv sein. Um das zu prüfen, nutzt man Kostenvergleichsrechnungen oder Simulationen: z. B. man simuliert, wie viele Teile pro Tag gefertigt werden können mit Variante A vs. Variante B, berechnet die jeweiligen Kosten und entscheidet.

Lean Production Prinzipien (Vermeidung von Verschwendung) haben einen starken wirtschaftlichen Fokus: Jeder unnötige Transport, jeder Ausschuss, jedes Warten verursacht Kosten ohne Wertschöpfung. Daher strebt man in der Planung kurze Durchlaufzeiten an, geringe Bestände, wenig Ausschuss und hohe Verfügbarkeit der Anlagen.

Diese Ziele schlagen sich in Kennzahlen nieder wie:

  • Durchlaufzeit = wenige Tage (besser als Wochen, da Work-in-Progress Bestände Kosten verursachen und man schneller fakturieren kann).

  • First Pass Yield (Ausschussquote) hoch, um Nacharbeit zu vermeiden (Nacharbeit ist zweifache Kosten für dasselbe Teil).

  • Overall Equipment Effectiveness (OEE) hoch: d.h. Anlagen nutzbar, kein ungeplanter Stillstand (da Stillstand der Anlage = Kapital verschwendet).

Nutzungsgrad: Es kann wirtschaftlich Sinn machen, eine Maschine bewusst nicht voll auszulasten, wenn dadurch z.B. Überstunden vermieden werden oder teure Zusatzschichten. Hier geht es um Optimierung: Besser zwei Maschinen zu je 80% als eine Maschine 100% + Wochenendschicht. Denn letzteres kann teurer sein (Wochenendzuschläge, höhere Ausfallgefahr bei Dauerbetrieb). Solche Überlegungen fließen in Modelle wie Warteschlangentheorie oder lineare Programmierung ein, die Planungsingenieure manchmal nutzen.

Flexibilität vs. Kosten

Flexibilität (bereits thematisiert unter technischen Kriterien) hat auch eine wirtschaftliche Dimension: Wandlungsfähigkeit kostet extra. Beispielsweise modulare Maschinen sind teurer als spezialisierte. Überkapazitäten binden Kapital. Das Management muss entscheiden, wie viel es bereit ist, für Flexibilität zu zahlen. Hier kann man z.B. Optionenwert-Überlegungen anstellen: Flexibilität schafft die Option, in Zukunft auf Änderungen reagieren zu können, was einen Wert darstellt (ähnlich einer Versicherung). In Hochrechnungen kann man Worst- und Best-Case-Szenarien monetär bewerten. Wenn z. B. die Nachfrage einbricht, wäre eine flexible (mietbare) Anlage vorteilhaft, weil man sie skalieren kann – die starre nicht, da sitzt man auf Kosten. Solche Überlegungen sind Teil moderner Investitionsrechnungen unter Unsicherheit (z. B. Realoptionsansatz).

Für die Fertigungsdimensionierung heißt das: Man rechtfertigt eine eventuell teurere flexible Lösung, indem man darlegt, dass die Risikoexposition geringer ist. In Habilitationsniveau könnte man dies analytisch untermauern, z. B. mit Szenario-Betrachtungen.

Kostenstellen und Budgetierung

Bei größeren Betrieben werden Fertigungsbereiche oft als Kostenstellen geführt. Das heißt, es gibt Budgets für Personal, Wartung, Material etc.

Die Planung der Fertigung sollte so erfolgen, dass die später laufenden Kosten planbar und vertretbar sind. Z.B. wenn eine Anlage extrem wartungsintensiv ist (hohe Kosten an Ersatzteilen, Stillstandsfolgekosten), könnte das die Entscheidung zugunsten

  • Total Cost of Ownership (TCO): Dieses Konzept betrachtet nicht nur Anschaffungskosten, sondern alle Kosten über den Lebenszyklus. Für zwei alternative Maschinen A und B könnte A günstiger sein in Kauf, aber mehr Energie verbrauchen und nach 5 Jahren Ersatz brauchen, während B teurer in Anschaffung ist, aber 10 Jahre hält und energieeffizienter ist. TCO-Rechnung würde zeigen, dass B langfristig günstiger ist. Daher sollte TCO in die Auswahl und Dimensionierung von Technik einbezogen werden – zumal Nachhaltigkeit (weniger Energieverbrauch) inzwischen auch ein Wert an sich ist, und Energiekosten steigen.

  • Wirtschaftlichkeit von Industrie 4.0: Viele Industrie-4.0-Technologien versprechen Effizienzgewinne, aber erfordern erstmal Investition (z. B. Sensorik überall einbauen, Softwarelizenzen, Schulung). Hier muss man Business Cases rechnen: Lohnt es sich, z. B. ein MES-System einzuführen, das vielleicht 200.000 € im Jahr kostet, gegenüber händischer Auftragssteuerung? Man verspricht sich bessere Liefertermintreue, weniger Bestände – kann man das monetär bewerten und gegenrechnen. Oft sind Nutzen weicher (Transparenz, Flexibilität) und schwer in Euro auszudrücken. Dennoch sollte man versuchen, Industrie 4.0-Projekte mit KPIs zu versehen (z. B. Bestandsreduktion um 20% dank echtzeit-Lagerverwaltung -> spart so und so viel € Zinskosten; Predictive Maintenance reduziert Ausfallzeit um X Stunden -> Mehrproduktion Y Stück -> so viel € Umsatz mehr). Diese Analysen fließen in den Plan.

Standortfaktoren und Infrastrukturkosten

Wirtschaftlich relevant ist auch der Standort. In Deutschland hat man hohe Lohnkosten, daher lohnt Automatisierung eher als in Niedriglohnländern. Dafür ist das Know-how hoch, was komplexe Fertigungen begünstigt. Bodenpreise und Mieten variieren: In Hamburg-Stadt wäre eine große Produktionsfläche sehr teuer, evtl. weicht man ins Umland aus oder baut kompakter (mehrstöckig mit Lastenaufzügen, was wiederum Invest kostet; aber falls Grund knapp, vielleicht nötig).

Auch Fördermittel können eine Rolle spielen: Es gibt staatliche Förderung für Industrie 4.0 oder Energieeffizienz – diese kann man in die Finanzierung einplanen:

  • Logistikkosten extern: Wenn die Fertigung viel Material anzieht (Stahl, Komponenten), spielt die Nähe zu Lieferanten eine Rolle. In der Planung sollte man daher auch die Zulieferlogistik bedenken – z. B. wie viele LKW am Tag kommen, brauchen wir eine große Laderampe? Mehr LKW heißt mehr Personal im Wareneingang, mehr Verkehrsfläche. Liegt der Standort weit weg, hat man längere Transportzeiten, was höhere Lager erfordert (mehr Kosten). Also ideal: Standort in Industriegebiet mit guter Verkehrsanbindung, was aber teuer sein kann. Der Planer muss diese Trade-offs verstehen.

  • Steuern und Abschreibungsregeln: In einer wissenschaftlichen Arbeit könnte man auch erwähnen, dass Abschreibungsmöglichkeiten (degressive vs. linear) oder Investitionszulagen (z.B. in strukturschwachen Regionen) die wirtschaftliche Rechnung beeinflussen, aber das führt zu weit ins Finanzielle.

Kennzahlengetriebene Dimensionierung

In der Praxis wird oft mit Kennzahlen geplant.

Einige wichtige:

  • Flächenproduktivität: Output pro qm Fertigungsfläche (Euro oder Stück/qm). Eine hohe Zahl deutet auf intensive Raumnutzung hin, was gut ist, solange es nicht zulasten Flexibilität geht.

  • Umsatz pro Mitarbeiter: allgemein für Effizienz.

  • Return on Investment (ROI): Verhältnis Gewinn zu eingesetztem Kapital. In Fabrikprojekten will man z.B. ROI > 15% sehen nach Einfahren.

  • Break-Even-Punkt: Ab welcher Auslastung lohnt sich der Betrieb? Das wird bei dimensionierten Kapazitäten berechnet. Wenn z.B. break-even bei 50% Kapazität liegt, hat man Puffer.

  • Kosten/Nutzen von Qualitätsmaßnahmen: z.B. Kosten einer 100% Prüfung vs. Kosten eines möglichen Fehlers beim Kunden. Hier dimensioniert man z.B. Prüftiefe. In sicherheitskritischen Branchen (Luftfahrt) macht man sehr aufwändige Prüfungen trotz hoher Kosten, weil Fehler noch teurer wären. In Massenproduktion manchmal Stichprobenprüfung, um Kosten zu sparen.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Wirtschaftlichkeit): Letztlich muss sich Industrie 4.0 auch rechnen. Viele Studien zeigen, dass die Hauptnutzen Effizienz, Flexibilität und Fehlerreduktion sind, aber die Umsetzung ist teuer. Ein aktuelles Argument für I4.0 ist auch der Fachkräftemangel: Mangels Personal muss automatisiert/digitalisiert werden (auch wenn ROI auf dem Papier knapp wäre). So gesehen bekommt Industrie 4.0 einen strategischen Wert, nicht nur operativen. Ein habilitierter Blick könnte hier anführen: Unternehmen sollten einen digitalen Reifegrad anstreben, der zur Strategie passt, und die Kosten als Investition in die Zukunft sehen. Dennoch müssen Pilotprojekte klare Einsparziele haben und dann auf die gesamte Fertigung übertragen werden.

Zudem können digitale Technologien neue Geschäftsmodelle ermöglichen (Stichwort Smart Products, Produkt-Service-Kombinationen), aber das tangiert die Fertigungsplanung nur indirekt (wenn z.B. eine Fabrik nebenher noch als Showroom dient oder hoch individualisierte Produkte on-demand fertigt, was Marketingvorteil bringt, aber schwer zu quantifizieren ist).

Fazit wirtschaftliche Kriterien

Wirtschaftliche Dimensionierungskriterien sorgen dafür, dass eine Fertigung nicht nur technisch machbar und organisatorisch sinnvoll, sondern auch ökonomisch optimal konzipiert ist. Sie zwingen Planer dazu, Alternativen durchzurechnen, mit Unsicherheiten umzugehen und ein Gleichgewicht aus Kosten, Flexibilität und Qualität zu finden. Gerade in einem Hochlohnland wie Deutschland ist Kostenbewusstsein entscheidend, um wettbewerbsfähig zu produzieren. Die Einführung von Industrie 4.0 muss sich in verbesserten Kennzahlen niederschlagen, sonst bleibt sie Selbstzweck. Daher sind Monitoring und Controlling von Planungszielen wichtig: z. B. Zielvorgaben wie "30% Produktivitätserhöhung durch Automatisierung" oder "Lagerkosten halbieren durch digitalisiertes Kanban" sollten gesetzt und später gemessen werden.

Integrierte Betrachtung unterstützender Prozesse

Zusätzlich zu den Kernprozessen der Fertigung (Materialbearbeitung, Montage, etc.) gibt es unterstützende Prozesse, die den Fertigungsbetrieb ermöglichen und optimieren. Dazu zählen vor allem Instandhaltung, Interne Logistik, IT-Infrastruktur sowie Arbeitssicherheit/Umweltschutz-Management als kontinuierliche Aufgabe. In diesem Kapitel werden diese Supportfunktionen und ihre Berücksichtigung bei der Fertigungsauslegung dargestellt.

Instandhaltung (Wartung und technisches Anlagenmanagement)

Eine gute Fertigungsplanung berücksichtigt von Anfang an die Instandhaltung der Maschinen und Anlagen. Gemäß DIN 31051 umfasst Instandhaltung die „Kombination aller technischen und administrativen Maßnahmen sowie Maßnahmen des Managements während des Lebenszyklus einer Einheit, die dem Erhalt oder der Wiederherstellung ihres funktionsfähigen Zustands dient“.

Dazu zählen Inspektion (Überprüfung), Wartung (Pflege), Instandsetzung (Reparatur) und Verbesserung:

  • Dimensionierung der Instandhaltungsressourcen: Ein Kriterium ist die Frage, ob eine eigene Instandhaltungsabteilung eingerichtet wird oder ob man Serviceleistungen extern einkauft. In großen Betrieben ist eine interne Wartungsmannschaft üblich – diese muss personell dimensioniert werden. Man rechnet z.B. pro X Maschinen einen Instandhalter, abhängig von der Störanfälligkeit. Hochautomatisierte Anlagen (Roboter, CNC) benötigen mehr Techniker pro Maschinenpark als einfache Handmontageplätze. Ebenso spielt Schichtbetrieb eine Rolle: Bei 3-Schicht muss entweder in jeder Schicht ein Techniker bereitstehen oder ein Rufbereitschaftssystem existieren.

  • Instandhaltungsstrategie: Reaktive Instandhaltung (reparieren wenn kaputt) erfordert schnelle Verfügbarkeit von Technikern und Ersatzteilen. Präventive Wartung (geplante Intervalle) erfordert Planungskapazität (Wartungspläne erstellen, koordiniertes Anhalten von Anlagen). Moderne predictive maintenance (zustandsbasiert) erfordert Sensorik und Datenanalyse (Teil von Industrie 4.0).

In jedem Fall braucht es:

  • Ersatzteillager: Platz für kritische Ersatzteile (bei seltenen, teuren Teilen evtl. kein Lager sondern vertraglich schnelle Lieferzusage). Dimensionierung: evtl. eigener Lagerraum oder im Zentrallager mit Fächern.

  • Werkstatt/Service-Station: Einen Platz, wo Geräte repariert oder gewartet werden können (Werkbänke, Messmittel). In kleineren Fabriken kann das ein Mehrzweckraum sein, in großen hat man eigene Mechanik-, Elektro-Werkstätten.

  • Wartungszugänglichkeit: In der Layoutplanung ist wichtig, dass Maschinen zugänglich sind für Wartung – d.h. Abstände oder Wartungsgänge einplanen. Manche Anlagen benötigen an einer Seite 1 m Freiraum zum Öffnen von Schaltschränken, etc. Dies ist oft in Herstellerunterlagen angegeben und sollte in die Flächenplanung einfließen.

  • Dokumentation und Condition Monitoring: Ggf. Büroraum für Instandhaltungsplanung, Softwaresystem (CMMS – Computerized Maintenance Management System) – in der IT-Infrastruktur verortet, aber der Instandhalter braucht Terminals oder Tablets.

In einer hochvernetzten Fertigung wird die Instandhaltung zum Mit-Bewahrer der Produktivität. Sie trägt maßgeblich dazu bei, Ausfälle zu vermeiden. Bärenfänger und Heller (2016) betonen, dass die Instandhaltung als Fundament zur Entwicklung der Industrie 4.0 gesehen werden kann – ohne zuverlässige Anlagen keine Smart Factory. Daher muss Instandhaltung entsprechend aufgerüstet werden: Schulung auf neue Technologien, Nutzung von Sensorik. Ein Werkstattplaner sollte ggf. sensorfähige Maschinen bevorzugen, damit man Zustandsdaten erhält (Öltemperaturen, Schwingungen etc.).

  • Kennzahlen: MTBF (Mean Time Between Failures), MTTR (Mean Time To Repair) – die Planung kann versuchen, MTTR zu minimieren, indem z.B. modulare Maschinen gewählt werden, bei denen Austausch schneller geht, oder redundante Anlagen, die bei Ausfall einspringen. Diese Kennzahlen definieren Kapazitätsverluste durch Instandhaltung, die man in der Kapazitätsberechnung berücksichtigen muss (z.B. 5% der Zeit sind geplante Wartung – dann entsprechend Reserve).

  • Industrie 4.0 in der Instandhaltung: Hier spielen CPS eine große Rolle. Maschinen melden Anomalien selbstständig (z. B. erhöhter Stromverbrauch -> möglicher Lagerschaden). Predictive Maintenance nutzt KI, um aus Sensordaten eine Wartungsprognose zu erstellen – so können Wartungen bedarfsgerecht und rechtzeitig geplant werden, bevor ein Schaden auftritt. Das verbessert die Anlagenverfügbarkeit und senkt Kosten (unnötige fixe Intervallwartungen entfallen). Allerdings muss man dazu die Infrastruktur haben: Datenspeicher, Algorithmen, vernetztes Fachwissen (z. B. Maschinenhersteller zieht Diagnosedaten via Fernzugriff). In der Dimensionierung sollte man also vorsehen: Netzwerkanschlüsse an Maschinen, Datenbankserver, evtl. Verträge mit OEMs für Fernwartung, Schulung eines Instandhaltungsingenieurs in Datenanalyse. Eine neue Rolle ist ggf. Smart Maintenance Manager.

  • Die Organisation ändert sich: Ein Teil der Wartung wird vielleicht vom Maschinenhersteller remote gemacht (Tele-Service), so muss der interne Techniker vor Ort nur Anweisungen folgen (mit AR-Brille, die vom Experten gelenkt wird). Dafür braucht es aber vor Ort jemanden mit Grundkenntnissen und die Bereitschaft, eng mit externen zu kooperieren.

  • Insgesamt gilt: Eine gut dimensionierte Instandhaltung erhöht die Lebensdauer der Anlagen, verbessert die Arbeitssicherheit (da Mängel behoben werden) und sichert den Produktionsfluss. In der Budgetierung sind Wartungskosten ein nennenswerter Posten – typischerweise 4–8% vom Wiederbeschaffungswert der Anlagen pro Jahr. Diese Zahl kann man als Planwert ansetzen (Branchenbenchmark) und prüfen, ob die vorgesehene Organisation damit auskommt.

Interne Logistik und Materialwirtschaft

Die interne Logistik umfasst Wareneingang, Lager, Transport innerhalb der Fertigung, Kommissionierung, Versand. Ihre Dimensionierung ist oft ebenso umfangreich wie die der Produktion selbst, da schlechte Logistik jede gute Produktion lähmt.

Wichtige Punkte:

  • Lagerkapazitäten: Abhängig von Produktionsstrategie (Make-to-stock vs. -order) und Lieferantenleistung. Man unterscheidet Rohmateriallager, Zwischenlager (WIP – Work in Progress) und Fertigwarenlager. Im Lean-Ideal soll WIP minimal sein (One-Piece-Flow), aber praktisch gibt es immer etwas. Dimensionierung oft mit Hilfe von Turnover Ratio (Umschlagshäufigkeit). Z.B. wenn Rohmaterial durchschnittlich 2 Wochen liegt, dann brauche ich Lagerplatz = 2 Wochen Bedarf. Kennt man den wöchentlichen Bedarf (z. B. 10 Tonnen Stahl), plant man 20 Tonnen Lager. Dessen Volumen hängt von Materialdichte und Lagerform ab (Stahl evtl. 8 m² pro Tonne?). Also iteratives Rechnen. Für Behälter und Kleinteile kann man Lagersysteme (Regale, ggf. automatisches Kleinteilelager (AKL)) einplanen.

  • Materialflusstechnik: Die Wahl zwischen manueller Transport (Stapler, Ameise, Handkarren) vs. automatisierter (Förderbänder, Rollenbahnen, FTS). Automatisierte Fördertechnik erfordert bauliche Integration (Fundament für Rollenbahn, Routen für FTS mit Magnetstreifen oder Lasernavigation). Sie ist sinnvoll bei hohem, stetigem Transportaufkommen (z.B. Fließband, wo jedes Teil zum nächsten Takt transportiert wird). In variantenreicher Fertigung nutzt man oft Routenzüge (Logistik-Mitarbeiter fahren nach festem Plan durch die Halle und beliefern Stationen). Das spart, gegenüber jedem Stapler fährt spontan, Wege und erlaubt Kanban-Systeme. Die Dimensionierung: man plant Milkrun-Strecken mit Materialbahnhöfen.

  • Kommissionierung: Wenn viele Teile pro Produkt, muss Material vormontiert oder sortiert ans Band kommen. Da kann man Kommissionierbereiche einplanen (Regale mit Fächern, wo Sets zusammengestellt werden).

  • Wareneingang/Warenausgang: Anzahl Laderampen, Fläche zum Entladen. Faustzahl: pro 10 Liefer-LKW pro Tag mindestens 1 Rampe. Oder Taktung: ein LKW entlädt in 1h, ergo 8 pro Rampe in einer Schicht. Ähnliches für Versand.

  • Verpackung und Versandbereitstellung: Wenn Endprodukte versandfertig gemacht werden müssen (verpacken, auf Palette, Dokumente), braucht es Packplätze.

  • Entsorgung: Interne Logistik kümmert sich oft um Abfall (Behälter für Späne, Verschnitt, Schrott, Recycling). Hier Lager für diese Behälter definieren und Abtransportwege (z.B. wöchentlich kommt Entsorger, also Stellplatz zugänglich).

  • Kanban und Materialsteuerung: Lean-Ansatz: Viele Betriebe reduzieren Steuerungsaufwand, indem sie Kanban-Regale dimensionieren: z. B. an jeder Station ein Regal mit 2 Behältern pro Artikel, sobald einer leer ist, wird automatisiert Nachschub bestellt. Diese Regelkreise müssen in der Planung erdacht sein – z. B. wie viele Behälter, wie groß Behälter (Materialbereitstellfläche definieren). Oft resultiert in Normgestellen (z.B. Schlaufen für KLT – kleine Ladungsträger).

  • Flurförderfahrzeuge: Anzahl Stapler oder FTS dimensionieren nach Transportlast. Z.B. x Palette pro Stunde bewegen -> mit 1 Stapler kann man vllt 20 Pal/h, ergo brauchen wir 2 etc. Aber Achtung, in Spitzen (Schichtwechsel) verdichtet es sich.

Logistik ist auch stark IT-gestützt (Lagerverwaltungssystem LVS, Barcode-Scanner, RFID). Darauf im IT-Teil mehr.

  • Industrie 4.0-Aspekt (Logistik): Stichwort Smart Logistics: In Zukunft könnten autonome Transportroboter alle Materialbewegungen erledigen, gesteuert vom MES, mit dynamischer Routenplanung je nach Auftragslage. Schon heute gibt es FTS, aber oft noch mit starrer Routenprogrammierung. KI-basierte Logistik kann Verkehr optimal regeln (wie eine Verkehrsleitzentrale in der Fabrik). Solche Systeme benötigen Echtzeit-Ortung aller Transportmittel (vielleicht Ultra-Wideband RTLS oder 5G mit Standort). Die Planung dafür bedeutet: extra IT-Infrastruktur (Sender/Empfänger) und sicheres Verkehrswegesystem (die Roboter brauchen Markierungen oder digitale Karten ohne Überraschungen).

  • Auch RFID-Tags an Material und Produkten werden vermehrt eingesetzt, um lückenlose Verfolgung zu ermöglichen (Traceability). Das bedingt RFID-Gates an Türen, Tag-Leser an Stationen etc. (Kosten, Integration in IT). Digitale Zwillinge gibt es auch für Logistik: Digitales Modell des Materialflusses, das stets Soll/Ist vergleicht und Engpässe prognostiziert.

  • Von Industrie 4.0 verspricht man sich in Logistik: weniger Bestände durch bessere Synchronisation (Just-in-Sequence-Lieferung), automatische Nachbestellung (IoT-Sensor meldet Materialstand im Lager), Reduktion von manuellen Buchungen (Scanner registriert alles). Mensch wird mehr zum Logistikkoordinator, weniger zum Lastenträger – was gut ergonomisch ist, aber neue Fähigkeiten (Technik bedienen) braucht.

IT-Infrastruktur

Eine zuverlässige und performante IT-Infrastruktur ist in modernen Fertigungen unabdingbar. IT und OT (Operational Technology) wachsen durch Industrie 4.0 zusammen.

Folgende Dimensionierungsaspekte sind wichtig:

  • Netzwerkverkabelung und -abdeckung: Jede Maschine, jeder Sensor, jedes Endgerät muss vernetzt sein. Das bedeutet, ausreichend Datenanschlusspunkte (Ethernet Dosen) im ganzen Werk oder flächendeckendes WLAN / 5G. Heutige Fabriken nutzen häufig Industrial Ethernet (z. B. Profinet) für Echtzeitsteuerung und zusätzlich IP-Netze für betriebliche Daten. Die Bandbreite ist ein Kriterium: Reichen 1 Gbit Standard-Switche oder braucht man 10 Gbit Glasfaserbackbone (wenn z.B. viele Bildverarbeitungsdaten)? Latenzen sind ebenfalls relevant – in kritischen Steuerungen will man <10 ms, weshalb eventuell Edge-Rechner nah an Maschinen nötig sind (Rechenpower vor Ort).

  • Serverraum/Rechenzentrum: Wo werden die Daten gesammelt und verarbeitet? Viele Unternehmen haben lokale Server (MES, ERP, Datenbanken) auf dem Werksgelände. Dafür muss ein geschützter, klimatisierter Raum dimensioniert werden. Alternativ Cloud-Lösungen: dann braucht man hervorragende Internetanbindung (redundante Leitungen, ausreichend Bandbreite, z. B. Glasfaser mit 100 Mbit+). Evtl. trotzdem lokale Edge-Geräte, um bei Ausfall der Verbindung autark zu bleiben.

  • IT-Hardware an der Linie: Terminals, Anzeigen (Andon Boards), Tablets für Werker, Barcodescanner, Drucker (Etiketten). Alle diese Geräte müssen positioniert und mit Strom/Netz versorgt werden. Heutzutage sieht man oft große Monitore über Linien, die KPI oder Arbeitsanweisungen zeigen. Also in Hallenhöhe Aufhängungspunkte vorsehen. Auch Stromversorgung für all die IT (USV – unterbrechungsfreie Stromversorgung – für kritische Systeme).

  • Software-Systeme: Darunter fallen u.a. ERP (Enterprise Resource Planning), MES (Manufacturing Execution System), SCADA/Leitsysteme, PLM (Product Lifecycle Management). Die Einführung und Nutzung dieser Systeme ist ein organisatorisch-technischer Kraftakt. Dimensionierung hier: aus Softwareanforderungen (Transaktionen, Nutzerzahl) leitet man ab, wie viel Serverleistung und Netzwerk man braucht. Wenn z.B. ein MES pro Maschine alle Sekunden einen Datensatz speichert, multipliziert mit 100 Maschinen, sind das 100/s, was problemlos auf Standardserver ginge. Aber wenn Bilddaten (Qualitätsbilder) gespeichert werden, Datenvolumen sehr groß – muss man evtl. Cloudspeicher oder Data Lakes einplanen.

  • Sicherheit (Cybersecurity): Fabrik-IT muss gut geschützt sein, da ein Ausfall oder Hack massive Schäden anrichten könnte. Das bedeutet Firewalls, Netzsegmentierung (Büro-IT getrennt von Produktionsnetz), VPN-Zugänge für Fernwartung gesichert, Authentifizierungskonzepte (wer darf was steuern). In der Infrastrukturplanung heißt das: man benötigt Security-Komponenten (physische Firewalls/Router), möglicherweise ein eigenes Team bzw. externe Betreuung für IT-Sicherheit. Gegebenenfalls Redundanzen (zwei Server, die synchron laufen, falls einer ausfällt, übernimmt der andere – vor allem bei 24/7 Betrieben notwendig).

  • Datenmanagement: Industrie 4.0 generiert Massendaten (Sensorsignale, Protokolle). Die Architektur muss skalierbar sein. Vielleicht plant man daher modulare Storage-Systeme oder initial nur kleine und in ein paar Jahren Aufrüstung. Hilfreich ist auch, sich an Standards zu halten – z. B. Plattform Industrie 4.0 empfiehlt das RAMI 4.0 (Referenzarchitekturmodell) und Verwaltungsschale-Konzept, das Interoperabilität sicherstellen soll. Aus Planungsoptik: Maschinen mit kompatiblen Schnittstellen kaufen, so dass Integration kostengünstiger ist.

  • Hinweis: Industrielle Fertigung ohne ausgefeilte IT-Infrastruktur ist heute nahezu undenkbar – „IT und OT brauchen leistungsfähige Vernetzung, Maschinen und Anlagen latenzfreie Rechner am Edge und KI-Modelle die nahezu unbegrenzte Power der Cloud“. Dieses Zitat verdeutlicht, dass sowohl vor Ort in der Fabrik (Edge Computing für schnelle Reaktionen) als auch auf höherer Ebene (Cloud Computing für rechenintensive Analysen) Ressourcen bereitgestellt werden müssen. Eine vorausschauende Planung muss diese doppelte Infrastruktur berücksichtigen.

  • Menschliche Aspekte in IT: Es werden IT-Fachkräfte benötigt, um die Systeme zu betreuen. Oft hat die Produktion eigene IT (Steuerungstechniker, Automatisierungsingenieure), plus die zentrale IT-Abteilung. Zusammenarbeit ist entscheidend – manche Firmen richten integrierte Teams ein. Aus Planungssicht könnte man z.B. in der Fabrikhalle ein "Control Center" vorsehen, wo OT- und IT-Leute zusammen sitzen und die Anlage überwachen (eine Art Leitwarte).

Zukunftstechnologien:

  • 5G-Campusnetz: Einige Fabriken setzen private 5G-Netze ein, um kabellose, zuverlässige Kommunikation mit hoher Bandbreite und geringer Latenz zu ermöglichen. Das braucht Frequenzlizenz (in DE BNetzA) und Sender im Werk (kleine Antennen alle 50m). Planerisch: Montage an Wänden/Decke, Glasfaser zu Antennen.

  • Cloud/Edge Hybrid: Wahrscheinlich läuft viel zukünftig in Cloud (Updates, KI-Modelle), aber Edge-Geräte sammeln an Maschine und filtern Daten. Planer muss beides vorsehen.

  • Digital Twin Integration: Wenn man einen digitalen Zwilling der Fabrik pflegt (z.B. Simulation oder 3D-Modell, das live Daten kriegt), braucht es Schnittstellen und Personal zum Pflegen. Evtl. als Experimentierplattform (virtuelles Testen von Optimierungen).

  • KI-Services: z. B. Bilderkennung der Qualität – dafür eventuell spezielle Hardware (GPU-Server) einplanen.

IT-Infrastruktur ist ein Feld, das sich schnell wandelt. Planung sollte daher Zukunftssicherheit einbauen: Mehr Leerrohre für Kabel, Erweiterungsmöglichkeiten im Serverraum, modulare Software, open interfaces. Dann ist man für nächste Tech-Generationen gewappnet.

Arbeitssicherheit und Umweltschutz-Management (HSE)

Arbeitssicherheit (Health & Safety) und Umweltschutz werden in modernen Firmen oft zusammengefasst als HSE (Health, Safety & Environment) oder EHS (Environment, Health & Safety). Organisatorisch sind sie unterstützende Funktionen, die jedoch in alle anderen Bereiche hineinwirken.

Einige Aspekte:

  • Sicherheitsfachkraft und Betriebsarzt: Gesetzlich braucht jeder Betrieb eine Fachkraft für Arbeitssicherheit und einen Betriebsarzt (ASiG). In Planung heißt das: es wird dafür ggf. ein Büro oder Sprechzimmer gebraucht, zumindest sollte es im Organisationsplan sein. Je nach Belegschaftsgröße wird diese Funktion extern zugekauft oder intern besetzt.

  • Unterweisungen und Training: Das HSE-Management organisiert Schulungen (z. B. jährliche Sicherheitsunterweisung, Staplerschein etc.). Hierfür wird ein Schulungsraum oder zumindest ein Besprechungsraum benötigt.

  • Persönliche Schutzausrüstung (PSA): Lager und Ausgabe von PSA (Gehörschutz, Handschuhe) – eventuell ein kleines Lager oder Automat im Werk, also an zentraler Stelle.

  • Gefahrstoffmanagement: Ein HSE-Beauftragter führt Gefahrstoffkataster, Abfallkataster etc. Das muss in Prozessen dimensioniert sein: z. B. wer sammelt Abfälle, wo sind Sammelstellen (Chemikalien, Batterien), wie oft Abtransport. Bei Planung also z.B. ein Gefahrstofflager mit begrenzter Lagermenge und Auffangwanne dimensionieren (nach TRGS 510).

  • Notfallpläne: Es muss Alarmierungseinrichtungen geben (Sirenen, Lautsprecher) – im Bauplan zu berücksichtigen. Sammelplätze draußen definieren (im Plan Freiflächen).

  • Audit und Zertifizierung: Viele Betriebe streben nach ISO 45001 (Arbeitsschutzmanagement) oder ISO 14001 (Umwelt). Das impliziert bestimmte Dokumentationen und kontinuierliche Verbesserung. Indirekt heißt das, man muss Messstellen haben (Lärm messen, Emissionen protokollieren), Verantwortliche definieren, die diesem Managementsystem nachgehen. Z.B. ein Umweltbeauftragter, der Abwasser regelmäßig prüft oder Energiemanager, der Energieverbräuche trackt (für ISO 50001). Diese Rollen erfordern Qualifikation und Zeit im Betriebsablauf.

  • Umweltaspekt in laufendem Betrieb: Emissionen an Luft (Lösemittel, Staub) und Wasser (Metallspäne, Öl in Abwasser) sind zu minimieren. Daher investiert man in Filter und Kläranlagen. Die Dimensionierung sollte durchaus zukunftsgerichtet sein – Umweltschutzgesetze werden strenger (z.B. VOC-Verordnung für Lösemittel). Also lieber gleich größere Filter einbauen, um Reserven zu haben oder spätere strengere Grenzwerte einhalten zu können. Abfall: Recyclingkonzept kann vorausschauend eingeplant werden (z.B. Spänebrecher und Brikettierpresse, um Metallspäne platzsparend zu sammeln und als Wertstoff zu verkaufen).

  • Energie: nach ISO 50001 wird man Kennzahlen definieren (Strom pro Stück etc.). Wenn man sieht, eine bestimmte Maschine ist Energiefresser, kann man überlegen, ob in Stand-by schalten bei Nichtgebrauch sinnvoll, dafür Timer und Schaltkonzepte vorsehen.

Industrie 4.0-Aspekt (HSE):

  • Safety via Wearables: Es gibt Helme mit Sensor, die z.B. erkennen, wenn jemand hingefallen ist, oder Westen mit Vibrationsalarm bei Gabelstapler in Nähe. Das macht den Arbeitsplatz sicherer. Muss aber beschafft und ins Konzept (WLAN-Abdeckung, Software).

  • Digitale Ergonomie-Analyse: Mit Motion Capture kann man Arbeitsbelastungen messen; oder mit Apps, wo Mitarbeiter ihr Empfinden eingeben, kann man Problemstellen identifizieren.

  • Umweltmonitoring: IoT-Knoten überwachen Abwasserventile, messen Abluftpartikel in Echtzeit – so hat man ein "digitales Auge" auf Umwelteinwirkungen. Auch hier: Sensoren und Systeme.

  • Reporting Automation: Durch Datenerfassung können Berichte (z.B. Arbeitsunfälle, Umweltkennzahlen) automatisch generiert werden – entlastet Personal und ermöglicht schnelleres Reagieren.

Generell erlaubt Industrie 4.0 bei HSE einen Wandel von reaktiv zu proaktiv: Gefahren werden erkannt, bevor etwas passiert, und Umweltverstöße sofort gemeldet, statt erst im Jahresbericht. Aber es erfordert eben die initiale Investition in Technik.

Schnittstellen und Integration

Unterstützende Prozesse funktionieren nicht isoliert.

Die Integration ist wichtig:

  • Instandhaltung und Produktion: man benötigt gelebte Zusammenarbeit, z.B. Produktion gibt Anlagen für Wartung frei nach Plan, Instandhaltung meldet Verbesserungsvorschläge zurück (z. B. "wenn wir hier Sensor einbauen, weniger Ausfälle"). Dazu kommen oft Maintenance-Besprechungen. Fluss von Feedback in die Planung neuer Anlagen (Frage: hat man Gelerntes in nächster Dimensionierung berücksichtigt?).

  • Logistik und Produktion: Takt der Fertigung muss mit Nachschub synchron sein. Inflexible Logistik kann Bottleneck werden. Daher Lean: Logistiker sitzen in Produktionsmeeting, oder gemischte Teams. Systeme: ERP und MES modulübergreifend.

  • IT als Enabler: alle Bereiche verlassen sich auf IT (Wartungssoftware, Lagerverwaltung, etc.). Eine zu starke Abhängigkeit kann Risiko sein – Backup-Konzepte wichtig (z.B. was, wenn MES ausfällt? Kann man manuell weiter produzieren? Notfallpläne dafür).

  • HSE und alle: Sicherheit und Umwelt sind Querschnitt. Die Kultur muss sein, dass HSE nicht als hinderlich, sondern als integraler Leistungsbestandteil gesehen wird. Das Managementsystem sollte daher ins Gesamtmanagement eingebunden sein, z.B. gleichberechtigtes Reporting an Geschäftsführung.

Die ganzheitliche Dimensionierung einer Fertigung zieht damit Kreise: man startet mit dem Kernprozess, aber muss Drumherum alle Supportprozesse passend mitschneiden. Vernachlässigt man einen (z. B. unterschätzt man den Platz für Ersatzteillager, oder die Kapazität im Wareneingang), kann das das ganze System ausbremsen.

Chancen durch Industrie 4.0 in der Fertigungsplanung

  • Erhöhte Flexibilität und Wandlungsfähigkeit: Durch CPS und vernetzte Systeme kann eine Fertigung deutlich flexibler gestaltet werden. Losgröße 1 zu Kosten der Massenfertigung wird möglich, indem Umrüstzeiten gegen Null gehen und Produktionssysteme sich selbst auf neue Varianten einstellen. Für die Planung heißt das: Man kann modulare Anlagen planen, die per Software "umgerüstet" werden, statt mechanisch. Dadurch sinkt das Risiko, dass eine Anlage bei Produktwechsel obsolet wird. Die Fabrik wird zum adaptiven System, das mit der Produktentwicklung Schritt hält.

  • Transparenz und Echtzeit-Optimierung: Früher war Planen oft statisch; mit Industrie 4.0 hat man die Chance zur dynamischen Anpassung. IoT-Daten geben quasi ein lebendes Abbild der Fertigung. Engpässe, Störungen, Nachfragen – alles ist in Echtzeit sichtbar. Das ermöglicht Optimierungsmaßnahmen "on-the-fly", z.B. Umleiten von Aufträgen auf freie Kapazitäten, bevor Wartezeiten entstehen. Eine dimensionierte Kapazitätsreserve kann so gezielt eingesetzt werden, genau wenn und wo sie gebraucht wird. Das steigert Durchsatz und Termintreue.

  • Predictive Maintenance und höhere Verfügbarkeit: Intelligente Analysen erlauben es, Ausfälle vorherzusehen und präventiv einzugreifen. Damit steigt die Anlagenverfügbarkeit. Planerisch könnte man sogar Maschinen enger auslasten, wenn man sicher weiß, dass ungeplante Stillstände selten geworden sind (Vertrauensvorschuss durch Monitoring). In Summe kann man mit weniger Maschinen gleichen Output fahren (Kapital gespart) oder mit gleichen Maschinen mehr Output (Erlös gesteigert).

  • Qualitätsverbesserung: Durch lückenloses Tracking jedes Produktes (jede Seriennummer digital verfolgt, alle Prozessparameter gespeichert) können Qualitätsprobleme rasch eingegrenzt werden. Machine Learning kann Fehlerbilder erkennen und den Prozess nachjustieren (z. B. Schweißnaht-Bilderkennung: KI passt Laserleistung an, bevor Naht zu schlecht wird). Das heißt man kann ggf. engere Toleranzen fahren, weniger Ausschuss, und man lernt schneller aus Fehlern – was Produktqualität steigert und Nacharbeit/Retouren senkt. In Planung könnte man daher knapper kalkulieren, da Qualitätsmarge besser im Griff.

  • Mensch-Maschine-Kollaboration optimiert Abläufe: Der Mensch wird dank Assistenzsystemen produktiver, sicherer und kann komplexere Aufgaben bewältigen. AR-Handbücher reduzieren Einarbeitungszeit, wodurch man flexibler Personal verschieben kann bei Bedarf. Cobots übernehmen ergonomisch ungünstige Arbeiten, sodass Mitarbeiter sich auf Wertschöpfung konzentrieren können. Summa summarum kann die Output/Mitarbeiter-Kennzahl verbessert werden, was angesichts demografischen Wandels ein Segen ist.

  • Neue Geschäftsmodelle: Industrie 4.0 kann Fertigungen transformieren vom reinen Produktionsort zum Dienstleistungszentrum. Z.B. durch Mass Customization kann ein Unternehmen personalisierte Produkte mit Lieferzeit X bieten und damit Premiumpreise erzielen. Oder man verknüpft Fertigung und Kunden in Echtzeit (der Kunde ändert online die Bestellung -> Fabrik passt sofort an). Solche Geschäftsmodelle können der Grund sein, überhaupt in Industrie 4.0 zu investieren, was die Wirtschaftlichkeitsrechnung stützt.

Herausforderungen und Risiken bei der Umsetzung

  • Komplexitätsmanagement: Die größte Herausforderung: Systeme werden extrem komplex (Technisch, organisatorisch). Die Integration von IT, OT, verschiedenen Protokollen und Standards kann Probleme bereiten. Nicht selten laufen Pilotprojekte gut, aber die Skalierung auf die gesamte Fabrik scheitert an Schnittstellenproblemen oder Datenqualitätsmängeln. Die Planer müssen also sehr gründlich Standards prüfen, modulare Architektur wählen und Testphasen einplanen. Auch Change Management (Mitarbeiter mitnehmen) ist kritisch.

  • IT-Sicherheit: Jede Verbindung bringt potenzielle Einfallstore für Cyberangriffe. Industrieanlagen wurden früher isoliert betrieben – nun offen für Remotezugriff, Cloud etc. Das Risiko von Produktionsausfällen durch Hacks steigt. 2020+ gab es einige Fälle, wo Unternehmen nach Cyberangriff tagelang Produktion stoppen mussten. Daher muss man hohe Summen in Security investieren und Expertise aufbauen. Das ist eine organisatorische Herausforderung, da Security oft abstrakt scheint, aber real in den Produktionsalltag integriert werden muss (z.B. USB-Ports sperren, Mitarbeiterschulungen zu Phishing, etc.).

  • Datenhoheit und -auswertung: Es fallen massiv viele Daten an – aber nur ein Bruchteil ist wirklich wertvoll. Es besteht die Gefahr von "Datenfriedhöfen" oder ungenutzten Datenschätzen. Man braucht Data Scientists oder entsprechende KI-Software, um aus dem Rohdatenstrom nützliche Informationen zu extrahieren. Das ist neu für viele Produktionsbetriebe. Zudem das Thema Datenschutz: Kameras oder Wearables sammeln vielleicht auch personenbezogene Daten – hier Betriebsrat und DSGVO beachten.

  • Hoher Investitionsbedarf: Industrie 4.0-Lösungen sind in der Regel teuer in Anschaffung und Implementierung. Nicht jedes Unternehmen kann sofort alles umsetzen. Die Herausforderung ist, die richtigen Prioritäten zu setzen (z. B. zuerst dort digitalisieren, wo größter Engpass) und ggf. Insel-Lösungen zu vermeiden (damit nicht zehn unabhängige Systeme entstehen, die später nicht harmonieren).

  • Standardisierung: Es gibt viele konkurrierende Standards (Industrie-Feldbusse, IoT-Plattformen). Eine Fabrik muss sich für einige entscheiden, die zukunftssicher sind. Derzeit sind z. B. OPC UA, MQTT in aller Munde für horizontale Integration, aber wer weiß was in 10 Jahren? Planer sollten zusehen, flexibel zu bleiben (z.B. Edge-Geräte, die Protokolle wandeln können).

  • Fachkräftemangel und Kompetenz: Passendes Personal zu finden (oder weiterzubilden) ist schwierig. Ein traditioneller Instandhalter muss sich nun mit Datenanalytik befassen, ein IT-Experte muss Produktionsprozesse verstehen. Diese interdisziplinären Profile sind rar. Man muss investieren in Aus- und Weiterbildung, Kooperation mit Hochschulen, etc. Kurz: Der Faktor Mensch bleibt zentral – Technik ist nur so gut wie die Leute, die sie nutzen. Insofern: Kulturwandel ist nötig, als Herausforderung aber auch als Gelegenheit, die Arbeitsplätze interessanter und moderner zu gestalten, um Nachwuchs anzuziehen.

  • Recht und ethische Aspekte: Wenn KI Entscheidungen trifft (z.B. Qualität ok/nicht ok), wer trägt Verantwortung bei Fehler? Was, wenn ein autonomes FTS einen Unfall verursacht? Diese Fragen sind noch nicht abschließend geklärt rechtlich. Unternehmen müssen vorsichtig vorgehen, testweise, und vielleicht eigene Richtlinien definieren, bis Gesetzgeber folgen.

Industrie 4.0 bietet enorme Chancen für effizientere, flexiblere und wettbewerbsfähigere Fertigungen – wenn man bereit ist, die damit verbundenen Komplexitäten zu beherrschen. Für die Fertigungsauslegung bedeutet das, schon heute zukunftsorientiert zu planen, aber auch nicht blind jedem Hype zu folgen, sondern gezielt die Technologien auszuwählen, die zum Unternehmen und Produkt passen. Eine graduelle Einführung mit Pilotprojekten, die nachweislich Nutzen bringen, ist ratsam. Die Habilitationsarbeit hat aufgezeigt, dass Industrie 4.0 kein Selbstzweck ist, sondern als integraler Bestandteil aller Dimensionierungskategorien betrachtet werden muss: in Technik (Sensorik, CPS), Organisation (agile Teams, neue Rollen), Ergonomie/Sicherheit (Assistenzsysteme, neue Risiken) und Wirtschaft (Invest und ROI-Betrachtungen).

Fallbeispiele aus der Praxis

  • Fallbeispiel 1: Flexible Werkstattfertigung im Sondermaschinenbau

  • Ausgangslage: Ein mittelständischer Sondermaschinenbauer (etwa 200 Mitarbeiter) plant einen neuen Fertigungsstandort. Produziert werden kundenspezifische Montageanlagen in Einzelstück- oder Kleinserienfertigung. Die Produktgröße variiert von kleinen Vorrichtungen (einige kg) bis zu ganzen Montagelinien (einige Tonnen, 10 m Länge). Die Fertigung umfasst mechanische Bearbeitung (CNC-Fräsen, Drehen), Blechbearbeitung (Laserschneiden, Schweißen), eine Elektromontage sowie Endmontage und Inbetriebnahme der Anlagen.

Dimensionierungsschwerpunkte:

  • Layout: Man wählt ein Werkstattlayout mit Funktionsbereichen: eine mechanische Werkstatt, eine Schweißerei, eine Lackierkabine, eine Elektroabteilung und eine große Montagehalle. Die Montagehalle wird besonders großzügig dimensioniert (z. B. 2000 m²), da dort oft mehrere große Anlagen parallel aufgebaut werden. Höhenbedarf 8 m, ausgestattet mit zwei 5t-Brückenkränen, um schwere Komponenten handhaben zu können. Um Flexibilität zu gewährleisten, wird in der Montage kein fester Linienaufbau vorgegeben; stattdessen markieren Bodengitter ein flexibles Raster, in dem je nach Projekt Arbeitsplätze eingerichtet werden können.

  • Kapazität: Aufgrund projektweiser Auslastung ist die Kapazität schwer exakt zu bestimmen. Man rechnet mit maximal 5 großen Projekten parallel. Dafür sollen mechanische Bearbeitungszentren so ausgestattet sein, dass sie notfalls in Zweischicht laufen könnten (Maschinen mit Werkzeugwechsler und automatischem Palettenwechsler, sodass Nachtschicht mannlos möglich). Man beschafft 4 CNC-Maschinen, kalkuliert aber optional Platz für eine fünfte, falls Auftragslage steigt. Montage soll mit einer Schicht (ggf. plus Samstagsarbeit) bewältigt werden, was bei 5 Projekten ~30 Monteure erfordert (6 pro Projekt verteilt auf Mechanik, Elektro, Software).

  • Personal und Organisation: In der mechanischen Fertigung sind 8 Zerspanungsfacharbeiter vorgesehen, in Schweiß/Lack 4, in Montage 20 Facharbeiter + 5 Inbetriebnahme-Ingenieure. Organisation erfolgt in Projektteams: Für jedes Kundenprojekt wird ein Team aus Konstrukteur, Einkauf, und Fertigungsmeister gebildet. In der Werkstatt sind Mitarbeiter polyvalent einsetzbar (ein Fräser kann evtl. auch mal drehen). Entlohnung nach ERA mit Leistungszulagen für Flexibilität.

  • Ergonomie: Arbeitsplätze sind sehr variabel, daher setzt man auf mobile Hebehilfen (z.B. fahrbare Kräne, Manipulatoren) um überall sicher heben zu können. Die Montagehalle wird mit großen Fenstern geplant, viel Tageslicht, um angenehme Atmosphäre zu schaffen – was im Sondermaschinenbau, wo Fachkräfte rar sind, auch dem Employer Branding dient. Schweißerei ist abgeschirmt mit Absaugung über jedem Schweißplatz (Unfallverhütung, Gesundheitsschutz). Lärmquellen (Kompressor, Druckluftanlagen) kommen in separate Nebenräume.

  • Sicherheit: Ein Risiko im Sondermaschinenbau sind temporäre Aufbauten, Provisorien während der Inbetriebnahme. Hier wird ein strenges Permit-to-Work-System eingeführt: Jeder Testlauf einer Anlage darf nur nach Checkliste (alle Personen raus, Absperrung aufgestellt) erfolgen. Fluchtwege in Montagehalle werden offen gehalten, auch wenn Anlagen rumstehen – d.h. es gibt Bodenmarkierungen und notfalls mobile Leuchten, damit im dichten Aufbau trotzdem die Wege erkennbar bleiben. Feuerlöscher sind im 20-m-Raster aufgestellt (Brandlast ist moderat, hauptsächlich Verpackungsmaterial).

  • Logistik: Materialfluss ist herausfordernd, weil jedes Projekt andere Teile braucht. Es gibt ein zentrales Hochregallager (extern automatisiert betrieben) für Normteile, das mehrfach täglich Kleinladungsträger zur Montage liefert. Große Kundenteile werden direkt in Montagefläche neben dem jeweiligen Aufbau gelagert (Platz dafür einkalkuliert). Ein Routenzug beliefert morgens und nachmittags die Bereiche mit benötigten Teilen gemäß Projekt-Stücklisten. Versand der fertigen Anlagen erfolgt per LKW-Spezialtransport – daher ist vor der Halle eine große Laderampe dimensioniert, und die Hallentore sind 5 m breit.

  • Industrie 4.0 Integration: Der Betrieb führt ein Manufacturing Execution System (MES) ein, das jedes Projekt verfolgt. Alle Teile bekommen QR-Codes, die bei Entnahme gescannt werden, so hat jeder Projektleiter Echtzeit-Übersicht, welche Komponenten eingetroffen und verbaut sind. In der Halle wird WLAN flächendeckend bereitgestellt; Monteure nutzen Tablets mit digitalen Montageanleitungen (die direkt aus dem 3D-CAD gezogen und in AR annotiert sind). Einige CPS-Elemente: Z.B. Werkzeugmaschinen senden Wartungsbedarf ans MES (Spindelvibrationen etc.), und der Smart Maintenance Verantwortliche plant dann das in die projektfreien Zeiten ein.

  • Rechtliches: Da Einzelfertigung, keine Serienproduktion, fällt das Produktsicherheitsgesetz vor allem auf die Produkte selbst (Maschinen) an – diese müssen CE-konform ausgeliefert werden, was intern eine eigene QS-Stelle (2 Mitarbeiter) prüft. Für den Betrieb selbst gelten normale ArbStättV-Regeln: die wurde bei Neubau voll berücksichtigt (z.B. genügend Toiletten, Sozialraum 50 m² für 20 Leute pro Schicht, etc.). Brandschutz: Montagehalle als eigene Brandsektion mit Sprinkler (Mitarbeiter arbeiten viel mit Elektrik unter Spannung -> erhöhtes Brandrisiko), Werkstätten haben Feuerwände zum Bürotrakt.

  • Layout: Man wählt ein Werkstattlayout mit Funktionsbereichen: eine mechanische Werkstatt, eine Schweißerei, eine Lackierkabine, eine Elektroabteilung und eine große Montagehalle. Die Montagehalle wird besonders großzügig dimensioniert (z. B. 2000 m²), da dort oft mehrere große Anlagen parallel aufgebaut werden. Höhenbedarf 8 m, ausgestattet mit zwei 5t-Brückenkränen, um schwere Komponenten handhaben zu können. Um Flexibilität zu gewährleisten, wird in der Montage kein fester Linienaufbau vorgegeben; stattdessen markieren Bodengitter ein flexibles Raster, in dem je nach Projekt Arbeitsplätze eingerichtet werden können.

Fallbeispiel 2: Fließfertigung in der Automobilindustrie

  • Ausgangslage: Ein großer Automobilhersteller plant eine neue Produktionslinie für Elektrofahrzeuge. Geplant ist eine Serien- bis Massenfertigung mit einem Output von 300 Fahrzeugen pro Tag in 3-Schicht-Betrieb (entspricht ~100.000 pro Jahr). Es handelt sich um eine Endmontagelinie, vorgelagerte Bereiche (Karosseriebau, Lackierung) sind vorhanden, aber diese neue Linie soll Motoren- und Achsmontage sowie Endzusammenbau der Fahrzeuge umfassen.

Dimensionierungsschwerpunkte:

  • Layout und Takt: Es wird eine Fließfertigung mit einem Takt von ca. 5 Minuten pro Station angestrebt. Die Linie wird in 3 Segmente aufgeteilt (Vormontage, Hauptmontage, Endkontrolle) mit insgesamt 60 Stationen. Somit ergibt sich rechnerisch: 60 Stationen × 5 Min Takt = 300 Min Durchlauf = 5 Stunden pro Fahrzeug. Pufferbahnhöfe zwischen Segmenten ermöglichen kurzen Ausgleich (max 10 Fahrzeuge Puffer). Die Linie ist U-förmig angeordnet um logistischen Rückfluss der leeren Behälter zu erleichtern.

  • Automatisierungsgrad: In der Endmontage traditionell hoch manuell, aber hier werden einige kollaborative Roboter eingesetzt, z.B. für das Verschrauben von Batteriemodulen unter dem Fahrzeug (über Kopf) arbeitet ein Cobot mit dem Werker zusammen. Schwere Hebevorgänge (z. B. Sitzeinbau) übernimmt ein Handlinggerät. Insgesamt sind pro Fahrzeug ~100 Schrauben anzuziehen, 80 davon mechanisch mit Drehmomentüberwachung (automatische Schrauber), 20 manuell. Die Lackqualität erfordert saubere Umgebung – es wird ein Reinraumbereich für Batterieeinbau (Klasse ISO 8) in die Linie integriert, mit Schleusen (auch aus Sicherheitsgründen wegen Hochvolt).

  • Personal: Pro Station im Durchschnitt 1,2 Personen (weil einige Stationen ein Werker, andere zwei). Insgesamt ~80 Mitarbeiter pro Schicht an der Linie, plus 5 Teamleiter, 2 Qualitätsprüfer, 3 Logistiker direkt an Linie. Dazu kommt pro Schicht technische Betreuung: 4 Instandhaltungstechniker (Steuerung, Mechanik gemischt) vor Ort. Organisatorisch wird in Teams je 10 Stationen gearbeitet, geführt von einem Teamleiter, der zugleich für Qualitä und Andon-Management zuständig ist (Andon = System, wo Werker Hilfe anfordern kann per Knopfdruck).

  • Ergonomie und Sicherheit: Die Linie hat höhenverstellbare Skillet-Platten (Fahrzeuge werden auf beweglichen Plattformen montiert, die sich anheben/senken können), damit Mitarbeiter immer in optimaler Höhe arbeiten – z.B. Unterbodentätigkeiten werden erledigt, indem das Fahrzeug hochgefahren wird, für Dachmontage runter. Rotationsprinzip: Mitarbeiter wechseln alle 2 Stunden den Arbeitsplatz, um monotone Belastung zu reduzieren (Zyklus: vier Stationen durchrotieren). Lärmniveau in Montage ist relativ gering (nur Elektroschrauber, keine Presslufthämmer), man liegt unter 75 dB(A). Beleuchtung LED 1000 Lux, kein Flimmern (wichtig, da konzentriertes Arbeiten). Jede Station hat einen Not-Halt-Schalter, der die Linie anhält, und einen Andon-Taster (gelb = Problem, Teamleiter kommt; rot = Linie Stopp falls kritischer Fehler). Alle Mitarbeiter tragen ESD-Schuhwerk (wg. Elektronik) und leichte Schnittschutzhandschuhe. Cobots sind kraftbegrenzte Modelle, sodass bei Kollision keine Verletzungsgefahr besteht – sie laufen mit max. 250 mm/s und haben abgerundete Kanten (ISO 10218-1 erfüllt).

  • Logistik: Just-in-Sequence-Anlieferung der großen Komponenten (Sitze, Cockpitmodule, Achsen) durch Zulieferer-LKW direkt an die Linie (sog. Sequenzwagen). Kleinere Teile werden aus einem Supermarkt nahe der Linie per Routenzug alle 30 Minuten verteilt. Der Routenzugpfad ist vom Fußgängerbereich getrennt (markierte Fahrbahn neben Linie). Für jedes Fahrzeug gibt es einen digitalen Zwilling der Stückliste; anhand dessen steuert ein Lagerverwaltungssystem die Bereitstellung. Fehlteile werden damit sofort erkannt – ist etwas nicht vor Ort, zeigt das Andon Board "Fehlteil" und ggf. Stop, da ein Fahrzeug nicht unvollständig weitergeschoben werden soll.

  • IT & Industrie 4.0: Die Fabrik ist hochvernetzt. An jedem Montageplatz gibt es ein Industrial Panel-PC, das Arbeitsanweisungen anzeigt (mit Bildern, wechseln je nach Modellvariante des Fahrzeugs). Über einen RFID-Chip am Fahrzeugträger erkennt das System, welches Modell gerade da ist, und ruft automatisch die passende Anleitung und zieht die richtigen Anzugsdrehmomente für die Schrauber aus der Datenbank. Außerdem wird jeder Schraubvorgang aufgezeichnet (Schraubkurve), sodass bei Qualitätsprüfung nachvollziehbar ist, ob alle Schrauben korrekt angezogen wurden. KI wird eingesetzt bei der Endkontrolle: Kameras scannen das Fahrzeug auf Lackfehler und Spaltmaße, was dem menschlichen Prüfer Hinweise gibt (er muss dann nur verdächtige Stellen checken). Edge Computing: Wegen geringer Latenz laufen die Bildverarbeitungs-KIs auf einem Edge-Server im Werksnetz, nicht in der Cloud. Trotzdem werden die Daten anonymisiert auch ins Zentralsystem hochgeladen, um Qualitätstrends standortübergreifend zu analysieren.

  • Instandhaltung: Schon in Planung wurden FMEAs gemacht, um potentielle Störungen der Linie zu antizipieren. Kritische Ersatzteile (z. B. Antriebsriemen der Skillets, Elektronik für Schrauber) sind vorrätig. Die Linie hat an diversen Stellen Zustandsüberwachung eingebaut: Vibration an Cobot-Gelenken, Temperatur an Elektromotoren, Zyklenzähler an Hebewerk. Ein zentrales Condition Monitoring System wertet diese Daten aus – z.B. wenn ein Elektroschrauber bestimmte Abnutzung erreicht (Schraubanzahl), wird in der Nachtschicht präventiv sein Motor gewechselt. Die Instandhalter arbeiten in 3-Schicht mit Überschneidung zur Produktion, so dass bei Schichtübergabe Wartung stattfinden kann. In Summe strebt man eine technische Verfügbarkeit von 99% an (was bei Fließlinie enorm hoch, aber angestrebt ist). Dafür existiert auch eine Backup-Strategie: Bei Ausfall einer Station kann auf einem Nebenstrang das Fahrzeug ausgeleitet und nachgearbeitet werden, damit Hauptfluss nicht stoppt – das bedarf einer "Ausweichfläche", die eingeplant wurde.

  • Arbeitsrecht & Sicherheit: Mit 3-Schicht-Betrieb und potenziell Samstagen muss streng auf Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes geachtet werden (maximale Wochenstunden, Ruhezeiten). Eine Software plant Schichten so, dass Wechsel zwischen Früh/Spät/Nacht in verträglichem Rhythmus erfolgen (alle Woche rotierend). Ein Betriebsrat war in Planung involviert, insbesondere bei Mensch-Roboter-Interaktion – man vereinbarte, dass Cobots nur unterstützend tätig, nicht ersetzend sind, und Mitarbeiter neue Qualifikation (Programmierung) lernen können. Brandschutz: Halle voll mit empfindlicher Elektronik (Batteriemontage), daher Brandmeldeanlage mit direkter Feuerwehraufschaltung. Lithium-Batterien brandgefährlich – eigener Löschsand-Behälter und automatische Löschanlage mit Argon-Gas im Batterielager vorhanden.

  • Wirtschaftlichkeit: Die Investition in diese Linie ist riesig (Cobots, IT-Systeme, etc.), aber kalkuliert mit ca. 8 Jahren Amortisation. Durch hohe Ausbringung rechnet es sich. Ein großer wirtschaftlicher Vorteil: Dank Digitalisierung konnte die Anlaufzeit reduziert werden. Normalerweise braucht eine neue Linie Monate, bis Soll-Takt erreicht – hier simulierte man per Digitalem Zwilling die Abläufe vorab und schulte Mitarbeiter in VR, sodass bereits in der zweiten Woche 90% Leistung erreicht wurden. Qualitätskosten sind sehr gering, <1 Fehlteil pro Fahrzeug im Durchschnitt, was Benchmark ist. Haupt ROI kommt von Produktivitätssteigerung: verglichen mit alter Linie braucht man 15% weniger Personal für gleiche Stückzahl – diese Mitarbeiter wurden allerdings anderweitig im Werk eingesetzt (keine Entlassungen, sondern Umschulungen, z.B. in Batterie-Fertigung).

  • Ergebnis: Dieses Fallbeispiel zeigt die State-of-the-Art Serienfertigung mit Industrie 4.0. Der Schwerpunkt liegt auf Effizienz und Qualität bei hohem Volumen. Alle Dimensionierungskriterien mussten fein austariert werden: Der technische Takt gibt den Ton an, die Organisation (Teamstrukturen) unterstützt ihn, Ergonomie bewahrt die Gesundheit der Belegschaft trotz Taktarbeit, Sicherheitssysteme sichern Mensch und Prozess, und wirtschaftlich ist alles auf hohe Auslastung und geringe Fehlerkosten getrimmt. Die Integration von Industrie 4.0 brachte messbare Vorteile (schneller Hochlauf, geringere Fehler), ging aber mit erheblicher Komplexität einher, die nur dank intensiver Planung und Schulung beherrscht werden konnte.

Fallbeispiel 3: Kontinuierliche Prozessfertigung in der Chemieindustrie

  • Ausgangslage: Ein Chemieunternehmen erweitert einen Standort um eine neue Produktionsanlage für einen speziellen Kunststoff. Die Fertigung erfolgt im kontinuierlichen Prozess – Rohstoffe werden konstant zugeführt, reagieren in einem Reaktor, das Produkt wird kontinuierlich extrudiert und granuliert. Geplant ist eine Jahresproduktion von 50.000 Tonnen, die Anlage soll 24/7 laufen.

Dimensionierungsschwerpunkte:

  • Anlagengröße: Basierend auf Reaktionskinetik wird ein Reaktor von 10 m³ Inhalt dimensioniert, der bei Durchsatz von ~6 Tonnen/Stunde betrieben wird. Dazu gehören Vor- und Nachbereitungsschritte (Mischen der Rohstoffe, Trocknung des Produkts). Alles ist in einer Anlagenhalle untergebracht, 30 m × 50 m, mit 12 m Höhe (für Destillationskolonnen, Silos). Förderschnecken und Rohrleitungen verbinden die Aggregate.

  • Technische Infrastruktur: Für kontinuierlichen Betrieb sind Redundanzen wichtig: z.B. es werden zwei parallelle Pumpen pro kritischer Stelle installiert (eine aktiv, eine als Backup bei Ausfall, per automatischer Umschaltung). Eine eigene Notstrom-Dieselanlage gewährleistet bei Stromausfall, dass zumindest die Anlage sicher heruntergefahren kann (Kühlsysteme weiter laufen). Kühlwasserbedarf ist groß, ein Kühlturm draußen und Wärmetauscher sind dimensioniert, um Reaktorkühlung sicherzustellen. Druckluft, Dampf, Stickstoff (zum Inertisieren) – alles entsprechend ausgelegt auf Dauerbetrieb (24/7 Kompressoren etc., oft doppelt vorhanden).

  • Personal & Organisation: Eine 4-Schicht-Crew deckt 24/7 ab. Pro Schicht arbeiten 6 Personen: 1 Schichtleiter, 3 Anlagenfahrer (im Leitstand), 2 Rundgänger/Außenanlagenfahrer. Zusätzlich tagsüber Instandhaltung, Labor, etc. Der Anlagenprozess wird weitgehend automatisch vom Prozessleitsystem (PLS) gesteuert, Operatoren greifen nur ein, wenn Parameter abweichen oder beim An- und Abfahren. Die Organisation unterliegt strengen Vorschriften: Jeder Operator muss jährlich in Notfallmaßnahmen unterwiesen werden (z.B. Reaktor-Notentspannung). Eine Werksfeuerwehr ist nicht vor Ort, aber Kooperation mit Werkfeuerwehr des Nachbarstandorts, in der Zwischenzeit tragen die Schichtteams Atemschutzgeräte und sind zu Erstmaßnahmen ausgebildet.

  • Ergonomie & Sicherheit: Prozessanlagen haben weniger manuelle Arbeitsplätze, dafür Leitstände. Der Leitstand (Kontrollraum) ist ergonomisch gestaltet: große Übersichtspanels, zwei Operatoren parallel können Monitore überwachen; 24h-Stühle (besonders rückenfreundlich für lange Sitzzeiten); gedimmtes Licht, um Monitore gut zu sehen, trotzdem Tageslichtfenster, damit Tag/Nacht-Rhythmus unterstützt wird. Lärmbelastung: In der Anlagenhalle >85 dB(A) (Pumpen, Granulator), dort Gehörschutzpflicht. Leitstand <60 dB(A). Für Außenrundgänge gibt es Lärmkarten, wer sich wie lange wo aufhalten darf.

  • Sicherheit: Die Anlage verarbeitet brennbare Lösemittel -> EX-Zonen Konzept. Halle hat Gaswarnanlage, bei Leck wird Alarm und Lüftung Max geblasen. Überall EX-geschützte Geräte. Not-Aus Schalter sind an mehreren Stellen, die einen geordneten Shutdown einleiten (Ventile schließen, Notfackel zündet etc.). Fluchtwege: weil viel Equipment, Steigleitern etc., sind farbige Linien am Boden für Flucht markiert, Notausgänge alle 20m. Vierteljährlich findet mit Belegschaft eine Notfallübung statt (z.B. Leck, Evakuierung).

  • Logistik: Rohstoffe kommen per Tankwagen, werden in Tanklager gepuffert. Das Tanklager (3 Tanks à 50 m³) hat Auffangwanne nach WHG (Wasserhaushaltsgesetz), liegt im Freien 50 m entfernt (Abstand wegen Explosionsschutz). Produktgranulat wird in Silos gesammelt und alle 2 Tage in LKW verladen – eine Verladestation mit Befüllschlauch dimensioniert. Interne Transporte minimal, alles geschlossen in Rohrleitungen. Eine Laboreinrichtung nimmt stündlich Proben, d.h. es gibt eine Schleuse vom Anlagenbereich ins Labor mit Abzugswechsel.

  • Instandhaltung: Da Stillstand teuer, wird fahrende Instandhaltung betrieben – d.h. man wartet während Betrieb, soweit möglich (z.B. Pumpenwechsel bei redundanten Pumpen ohne Stillstand). Geplant sind Jahresstillstände von 2 Wochen für Revision. In den 50 Wochen Lauf muss alles andere on-the-fly gehen. Instandhaltungsteam (mechanisch, elektrisch) ist tags da, aber in Notfällen ruft Schichtleiter Bereitschaft. Im PLS sind hunderte Messstellen, die vorausschauend Wartungsindikatoren liefern (Ventil braucht Neuabdichtung erkennbar an häufiger Stellregelung, etc.). Ein spezielles Asset Management System im Leitsystem trackt diese Indikatoren und erstellt Wartungsaufträge. Ersatzteile bevorratet: von Dichtungen bis zu einem Ersatzrührwerk (kostenintensiv, aber bei Schaden unabdingbar).

  • Industrie 4.0: Die Chemie ist zwar traditionell schon hochautomatisiert (Industrie 3.0), aber I4.0 bringt zusätzliche Tools: Der Digitale Zwilling der Anlage (im Simulationsmodell) wird genutzt, um Parameteroptimierungen virtuell zu testen (z.B. neue Rezepturfahrweisen). Das Leitsystem sendet Daten in die Cloud des Unternehmens, wo KI die Prozesseffizienz analysiert (z.B. Energiemanagement, Ausbeuteoptimierung). Ein Ergebnis war, dass KI nahelegt, Pumpendrehzahlen leicht anzupassen um Strom zu sparen – sowas kann man implementieren. Condition Monitoring: Schwingungssensoren an kritischen Maschinen sind per Funk an ein Gateway angebunden, das lernende Algorithmen nutzt – so wurde einmal ein Lagerdefekt an einer Pumpe frühzeitig erkannt und in geplantem Stillstand getauscht (verhindert Ausfall im Betrieb).

  • Umweltschutz: Chemieanlagen unterliegen strengen Umweltauflagen (BImSchG-Genehmigung). Abluft geht über eine Abluftreinigungsanlage (thermische Nachverbrennung), um organische Reststoffe zu zerstören – die Dimensionierung davon: 120% Kapazität des maximalen Abluftstroms, damit Reserve. Abwasser wird intern vorbehandelt (neutralisiert) und dann in städtische Kläranlage geleitet; Online-Messgeräte prüfen pH und TOC (Kohlenstoffgehalt) kontinuierlich. Lärm nach außen: durch Hallenbau schon gedämpft, zusätzlich Lärmschutzwand an der Grundgrenze zum Wohngebiet, um <45 dB(A) Nachts zu gewährleisten. Boden: Halle hat flüssigkeitsdichten Boden mit Randaufkantung (Chemikalien dürften nicht ins Erdreich).

  • Wirtschaftlichkeit: Die Anlage ist kapitalintensiv, aber kontinuierliche Prozesse haben idR. niedrige Stückkosten. Hier war die Dimensionierungsfrage: Ein großer Reaktor vs. zwei kleinere? Man entschied ein großer wegen Skaleneffekten, aber damit hat man weniger Flexibilität bei Wartung (Totalstillstand vs. mögliche Teillast). Wirtschaftlich rechnet man mit Anlage-Lebensdauer 20 Jahre, ROI > 20%. Key ist hohe Verfügbarkeit: Jeder Tag Ausfall kostet zig Tonnen Produktion = hohe Umsatzeinbußen. Daher wurden hohe Summen in Redundanzen und Monitoring investiert. Das zahlt sich aus: Im ersten Betriebsjahr z.B. 97% Verfügbarkeit statt geplanten 90%, weil Wartungen schneller und fast keine unerwarteten Störungen (dank Predictive Maint.). Das brachte Mehrproduktion, die Nachfrage war da, also gleich mehr Umsatz.

  • Ergebnis: Dieses Beispiel zeigt Prozessfertigung mit kontinuierlichem Betrieb. Die Dimensionierungskriterien unterscheiden sich hier: Der Fokus liegt extrem auf Sicherheit und Verfügbarkeit, da Stillstand oder Unfall verheerend wären (Sicherheitsdenken tief verankert). Mitarbeiteranzahl ist gering, aber Qualifikation sehr hoch – das Leitsystem in dem Fall ist Herz und Hirn der Anlage, und digitale Technologien werden primär zur Prozessoptimierung und vorausschauenden Wartung eingesetzt. Die gesetzliche Komponente (Genehmigungen, Emissionen) spielt eine übergeordnete Rolle: von Anfang an war Genehmigungsplanung Teil des Projekts, inkl. Störfallbetrachtungen (worst-case Explosion – Not-Abblasvorrichtungen etc.). Hier war insbesondere das Thema Dimensionierung von Sicherheitsventilen und Notfackel wichtig: Sie müssen größten denkbaren Entlastungsstrom sicher ableiten können (Berechnung nach AD-Merkblättern etc.). Diese Dinge sind sehr an Normen (z.B. DIN EN ISO 4126 für Sicherheitsventile) und Behördenvorgaben orientiert.

  • Mit dem dritten Beispiel ist deutlich geworden: je nach Branche verschiebt sich der Schwerpunkt der Dimensionierungskriterien erheblich. Das methodische Vorgehen (Kap. Grundlagen) bleibt aber vergleichbar – Ziele definieren, Anforderungen sammeln, Alternativen prüfen, und stets alle vier Dimensionen (Technik, Organisation, Ergonomie/Sicherheit, Wirtschaft) in Einklang bringen.

Wichtige gesetzliche Grundlagen und Vorschriften (DE)

  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) – Grundgesetz des Arbeitsschutzes, verpflichtet Arbeitgeber zur Gefährdungsbeurteilung und Einhaltung von Sicherheit und Gesundheitsschutz.

  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) – Verordnung mit konkreten Anforderungen an die Gestaltung von Arbeitsstätten (Raumklima, Beleuchtung, Fluchtwege etc.). Konkretisiert durch Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR).

  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) – Regeln für die Bereitstellung sicherer Arbeitsmittel und den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen; setzt u.a. die Europäische Arbeitsmittel-Richtlinie um.

  • Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) – Regelt Bereitstellung von Produkten (Maschinen etc.) auf dem Markt. Wichtig bei Eigenbau-Maschinen oder Veränderungen an Anlagen (CE-Kennzeichnung, Maschinenrichtlinie).

  • Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) – Zentrales Umweltgesetz für genehmigungsbedürftige Anlagen. Regelt Emissionsgrenzwerte, Genehmigungsverfahren, Störfallvorsorge.

  • Landesbauordnungen (LBO) & Muster-Industriebaurichtlinie (MIndBauRL) – Baurechtliche Vorgaben für Fabrikgebäude, insb. Brandschutz, Standsicherheit, Abstandsflächen. (MIndBauRL etwa zu Feuerwiderstand von Bauteilen, Brandabschnittsgrößen etc.).

  • Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) – Verpflichtet Unternehmen zur Bestellung von Fachkraft für Arbeitssicherheit und Betriebsarzt, regelt deren Aufgaben.

  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG) – Begrenzung der Arbeitszeiten (max. 8h pro Tag, Ausnahmen bis 10h, Ruhezeiten 11h, besondere Regelungen für Schicht/Nachtarbeit).

  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) – Schutz vor gefährlichen Stoffen, Gefährdungsbeurteilung, Einhaltung von Arbeitsplatzgrenzwerten, Lagerung (TRGS-Regeln).

  • Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung – Grenzwerte für Lärmexposition (85 dB(A) Auslösewert II) und Vibrationen, Maßnahmenpflicht.

(Weitere relevante: Chemikaliengesetz, Umwelthaftungsgesetz, Verordnung über Arbeitsmedizinische Vorsorge (ArbMedVV), je nach Branche spezifische wie Strahlenschutzverordnung etc.)

Ausgewählte Normen, Richtlinien und Standards

  • VDI-Richtlinie 5200 Blatt 1 – Fabrikplanung – Planungsvorgehen: Standardwerk für Vorgehensmodelle der Fabrikplanung (7-Phasen-Modell).

  • DIN EN ISO 12100:2010 – Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung: Grundnorm zur Maschinensicherheit (identisch EN ISO 12100), beschreibt Prozess der Risikobeurteilung und hierarchische Schutzmaßnahmen.

  • DIN EN ISO 13849-1/-2 – Sicherheit von Maschinen – Sicherheitsbezogene Teile von Steuerungen: legt Performance Level (PL) fest, wie zuverlässig Sicherheitsfunktionen sein müssen.

  • DIN EN ISO 13857 – Sicherheitsabstände gegen das Erreichen von Gefährdungsbereichen: Tabellen für erforderliche Abstände für Finger, Arm, Ganzkörper – relevant für Schutzzäune, Lichtschranken.

  • DIN EN ISO 6385 – Ergonomische Grundsätze für die Gestaltung von Arbeitssystemen: enthält ergonomische Leitsätze und fordert Berücksichtigung anthropometrischer, physiologischer, psychologischer Parameter.

  • DIN EN ISO 9241 (Reihe) – Ergonomie der Mensch-System-Interaktion: v.a. Teil 110 ff. über Dialoggestaltung, relevant für Bediensoftware (Usability).

  • ISO 45001:2018 – Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit: internationaler Standard (Nachfolger von OHSAS 18001) für Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement.

  • ISO 14001:2015 – Umweltmanagementsysteme: Standard für betriebliches Umweltmanagement.

  • ISO 50001:2018 – Energiemanagementsysteme: Standard für systematisches Energiesparen.

  • VDI 2860 – Industrieroboter – Sicherheit: (ggf. ersetzt durch ISO, aber VDI hatte für Robotersicherheit).

  • VDI 3647 – Werkstattgestaltung (fiktiv angenommen, spezifische Zahlen sind aus diversen VDI, z.B. VDI 1000 ff existieren aber eher in anderen Kontexten).

  • VDI 2083 – Reinraumtechnik: falls Reinräume in Fertigung, Normenreihe definiert Reinraumklassen etc.

  • VDI 2854 – Lärm in Produktionsstätten – Beurteilung und Gestaltung: enthält Hinweise zur akustischen Gestaltung.

  • IEC 61508 / EN 62061 – Funktionale Sicherheit elektrisch/elektronischer/programmierbarer Systeme, Basisnorm u.a. für Maschinen, definieren SIL (Safety Integrity Level).

  • IEC 62443 – IT-Sicherheit für industrielle Automatisierungssysteme: wichtig, wenn Industrial Security betrachtet wird.

  • DIN EN 614-1,2 – Ergonomische Gestaltung von Displays und Bedieneinrichtungen (614-2: Anzeigen, 614-1: Bedienstellen), falls relevant für Leitstände.

  • DGUV Information 209-079 – Ergonomische Maschinengestaltung – Checkliste: praxisnahe Prüfliste der BG; liefert konkrete Fragen und Maße.

  • DIN 33402 – Körpermaße des Menschen – Begriffe, Messverfahren – liefert Daten für anthropometrische Planung (Tischhöhen etc.).

  • EN 12464-1 – Beleuchtung von Arbeitsstätten – Innenräume: Norm, die Beleuchtungsstärken für verschiedene Tätigkeiten vorgibt (z.B. 500 Lux für Montage).

  • VDI 2690 – Flurförderzeuge – Sicherheit von Gabelstaplern (als Beispiel für interne Logistik Norm).

  • VDI 2710 – Lagersicherheit – Regalanlagen (Tragfähigkeit, etc., auch DIN EN 15635 zu ortsfesten Regalsystemen).

  • Plattform Industrie 4.0 – RAMI 4.0 / I4.0-Komponente (DIN SPEC 91345): Referenzarchitekturmodelle, definieren Schichtenmodell, wie Daten und Funktionen in Industrie-4.0-Anlagen strukturiert werden.

  • GAIA-X / IDS-Standard: (zukünftig relevant für Dateninfrastrukturen, European Cloud für Industrie).

  • REFA Standardprogramm: Methodenlehre zur Datenermittlung in Produktionsprozessen (Zeitaufnahmen etc., Organisation).

  • MTM (Methods-Time Measurement): Verfahren zur Arbeitsplatzgestaltung und Zeitermittlung, Normenreihe gibt Sollzeiten an für Grundbewegungen, nützlich für Line Balancing.

(Die Liste ließe sich fortsetzen; je nach spezifischer Fertigung kommen weitere einschlägige Normen hinzu, z. B. Lebensmittelhygiene in Food Industry, GMP in Pharma etc. Obige Auswahl deckt die im Text behandelten generischen Aspekte ab.)